Audämonistische Theorien. 31
Zufriedenheit oder Glückseligkeit zu sein. Sobald unser
Streben nicht durch blinde Triebe, sondern durch unsere Über-
legung geleitet wird, liegt es uns natürlicherweise am nächsten,
daß wir dasselbe auf solche Ziele richten, von denen wir vor-
aussetzen, daß sie unser Glück fördern, nicht aber auf solche,
von denen wir wissen, daß sie dasselbe beeinträchtigen werden.
Diese Behauptung, welche wir als den Grundsatz der
eudämonistischen Willensbestimmung bezeichnen wollen,
ist nicht so zu verstehen, als ob-die Überzeugung, durch welche
unser Wollen bestimmt wird, jederzeit das Lustmoment des
erstrebten. Zieles als solches ausdrücklich hervorheben
müsse. Das. Princip betont vielmehr nur die — wirkliche oder
vermeintliche —- Erfahrung, daß das zielbewußte Streben sich
allgemein auf solche Zustände richtet, von welchen zu erwarten
steht, daß sie relativ erfreulicher sind als der Zustand, der
ohne solches Streben vorliegt oder erwartet wird. Nicht die
abstracte Vorstellung Jer Lust, wohl aber die Vorstellung
eines Zieles, das uns als ein relativ lustbetontes vorschwebt,
wird als Motiv unseres Willensentscheides aufgestellt. Ebenso-
wenig soll mit jenem Grundsatze behauptet sein, daß auch
mit den natürlichen Trieben, welche den Menschen unbewußt
in seinem Handeln leiten, jederzeit ein. Bewußtsein davon ver-
bunden sein müsse, daß das Ziel dieses Handelns ein lust-
betontes. wäre: nur von den Motiven eines bewußten Willens-
entscheides, nicht von der Richtung ınstinctiver Triebe ist in
dem obigen Prineip die Rede.
Solange dieses Prineip als selbstverständlich vorausgesetzt
wird, muß sich nach den obigen Ausführungen das wissen-
schaftliche Bestreben folgerichtig die Aufgabe stelien, die
anderweitigen Normbegriffe auf eudämonistische Motive zurück-
zuführen Die zo zu gewinnende ethische Theorie wird also
eine eudämonistische Theorie sein, soweit nicht etwa time-
tische Normbegriffe in dieselbe unbemerkt Eingang finden.
1. Der egoistische Hedonismus.
» Die primitivste eudämonistische Theorie der Willens-
bestimmung ist diejenige, welche in der augenblicklichen
Lust das einzige Ziel sieht, auf das unser Wille sich natur-
Cornelius, Einleitung in die Philosophie. 2. Aufl. A