Full text: Einleitung in die Philosophie

Die eudämonistische Tugendliehre. x 
Soweit die Utilitarier nur den tatsächlichen Nutz- 
erfolg unserer Handlungen, und nicht deren Motivierung zum 
Wertmaßstabe erheben, kaun ihre Meinung als ethische 
Theorie überhaupt nicht in Betracht kommen, da der Erfolg 
kein Zeugnis für den zu Grunde liegenden Willen abgibt. Aber 
auch wenn nicht der Erfolg, sondern nur die Absicht des 
„Nutzens unserer Entschließungen für die Menschheit“ in 
dem utilitarischen Princip gewertet werden sollte, so bleibt 
dasselbe doch abermals unfruchtbar, solange nicht anderweitig 
ein Maßstab für die Abwägung von Nutzen und Schaden 
gegeben wird: denn dieselbe Handlung pflegt nach der einen 
Richtung nützliche, nach der anderen schädliche Erfolge nach 
sich zu ziehen. Aus dem Princip selbst aber ergibt sich ein 
solcher Wertmaßstab nicht; die utilitarische Theorie erscheint 
daher genau derselben Ergänzung bedürftig, wie die Mitleids- 
moral. 
Mit beiden altruistischen Theorien ist also ethisch insofern 
gar nichts geleistet, als sie gerade das ethische Grundproblem, 
die Frage nach einem letzten, in allen Fällen entscheidenden 
Wertmaßstabe für unser Wollen und Handeln ungelöst lassen. 
Statt einer Antwort auf diese Frage werden wir mit dem 
Gegensatz von Wohl und Wehe, von Nutzen und Schaden ab- 
gefunden, als ob die Geltung dieser Worte in jedem Falle als 
eine selbstverständlich bekannte vorausgesetzt werden könnte. 
3. Die eudämonistische Tugendlehre und der 
consequente Kudämonismus. 
Durch den Widerstreiß der verschiedenen Gefühlserfolge 
unserer hedonistisch bestimmten Handlungen ist nicht nur die 
Kurzsichtigkeit des hedonistischen Princips erwiesen, sondern 
zugleich der Weg gezeigt, der im Sinne des eudämonistischen 
Grundsatzes über dieses Princip hinausführt. Kann der 
augenblickliche Lusterfolg unserer Handlungen angesichts 
der ferneren Folgen derselben nicht mehr als unbedingter 
Wert in Betracht kommen, so weist der Zusammenhang 
eben dieser verschiedenen Folgen positiv auf einen höheren 
dem hedonistischen Princip übergeordneten Wertmaßstab für 
unser Handeln hin. Es gilt nur diesem Hinweise zu folgen,
	        
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