Vorwort zur ersten Auflage, VM
deshalb das Hauptgewicht auf eben diese Fragen gelegt. Den
praktischen Fragen ist daneben ein verhältnismäßig geringer
Raum gewidmet. Von der Ausdehnung der Betrachtung auf
speciellere Probleme habe ich Abstand genommen. Die durch-
geführte Untersuchung der naturalistischen Begriffe mag ge-
nügen, um den Leser auf jedem Gebiete vor dem voreiligen
Gebrauch der überlieferten Begriffe zu warnen und ihn überall
zur Prüfung des historischen Ursprungs und der tatsächlichen
Bedeutung dieser Begriffe zu veranlassen.
Die historischen Formen der philosophischen Be-
strebungen sind durchgängig nur als Beispiele zur IMustration
der sachlichen Entwicklung verwendet worden. . Vollständig-
keit in der Aufzählung und Darstellung dieser Formen und
ihres historischen Zusammenhanges lög durchaus nicht in
meiner Absicht. Insbesondere mußten. gemäß dem oben be-
zeichneten Plane diejenigen unter den neueren philosophischen
Systemen von der Betrachtung ausgeschlossen bleiben, durch
welche die erkenntnistheoretische Einsicht keine Förderung er-
fahren hat.
Den Vorwurf, daß ich mit dieser meiner Art der Behand-
Jung die historischen Tatsachen rationalistisch nach meinem
erkenntnistheoretischen Schema zurechtgerückt habe, erwarte
ich nicht. Alle zusammenfassende Betrachtung des historisch
Gegebenen kann nichts Anderes sein, als ein Querschnitt von
einem bestimmten Gesichtspunkte aus. Mein Gesichtspunkt
war der erkenntnistheoretische. Ich bin weit davon entfernt,
ihn für den einzig möglichen Standpunkt zu halten, von welchem
die Geschichte der Philosophie verstanden werden kann; für
die Aufgabe aber, die ich mir stellte, erschien er mir als der
einzig zweckmäßige.
Manche Dinge erscheinen freilich unter diesem Gesichts-
punkte in einer Beleuchtung, die der Tradition nicht ent-
spricht. Polemische Auseinandersetzungen zur Begründung
solcher Abweichungen von der herkömmlichen Auslegung des
historischen Materiales würden dem Zwecke den Buches nicht
entsprochen haben. Ich vertraue darauf, daß meine Darstellung
auch ohne solche Zutaten in sich selbst ihre Rechtferti-
gung trägt.