110 8 13. Anfänge mechanischer Naturerklärung.
„Elementen“ -— Erde, Wasser, Luft und Feuer — durch Mischung
alle Dinge hervorgehen läßt. Als die bewegenden Kräfte, die
der Mischung und Trennung die Wege weisen, gelten ihm
Liebe und Haß, die jenen Elementen innewohnen: das erste
Vorbild einer durch die gegenseitigen Beziehungen der materi-
ellen Teile bedingten Bewegungsursache. Eine unendliche
Vielheit elementarer Stoffe, entsprechend der unbegrenzten
Mannigfaltigkeit der Kigenschaften der Dinge; staiuiert
Anaxagoras. Die Ordnung dieser „Samen aller Dinge“ aber
wird nach ihm nicht durch Liebe und Haß, sondern durch
den Verstand bewirkt, der zu jenen Elementen als bewegende
Kraft hinzutritt. Dieses höchste, ordnende, in seinen Wirkungen
überall auf Zweckmäßigkeit gerichtete und dadurch welt-
bildende Prineip scheint zwar zunächst nach der Analogie
des menschlichen Geistes gedacht, wird aber trotzdem mit
stofflichen Bestimmungen ausgestattet: die versteckt zu Grunde
liegende dualistische Ansicht vermag sich von den Fesseln der
naivsten naturalistischen Begriffsbildung noch nicht zu befreien.
Die Frage nach. dem Mechanismus der Mischung und
Entmischung ist in diesen Erklärungsversuchen noch nicht
gestellt. Das Verdienst, in dieser Kichtung einen weiteren
Ausbau der Naturerklärung angebahnt zu haben, gebührt
Leukippos und Demokritos, den Begründern der Atomen-
lehre. Von Leukippos wird zum ersten Mal der leere
Raum als Begrenzung stofflicher Elementarbestandteile an-
genommen, die ihrerseits in ihren inneren Qualitäten gleich-
artig, hinsichtlich der Form und Größe ihrer Begrenzung
aber verschieden und mit verschiedenen Bewegungen aus-
gestattet gedacht werden. Ausführliches wissen wir über die
Weiterbildung dieser Lehre bei Demokrit, der bereits einige
Grundsätze der modernen mechanischen Naturerklärung aus-
drücklich formuliert. „Aus nichts wird nichts“; „nichts, was
ist, kann vernichtet werden“; „nichts geschieht zufällig, son-
dern alles aus einem Grunde und notwendig“; „die Verschieden-
heit aller Dinge rührt von der Verschiedenheit ihrer Atome
an Gestalt, Größe, Zahl und Ordnung her“ — alle diese Sätze
Demokrits gelten noch heute der Mehrzahl der Naturforscher
als unumstößliche Wahrheiten und Grundlagen ihrer Wissen-