Full text: Einleitung in die Philosophie

x $ 16. Der sensualistische Idealismus. 
die ich auf den Bildern an meinen Wänden wahrnehme, sind 
eben dort — und niemals in meinem Gehirn.) 
Die vermeintliche Consequenz der idealistischen Ansicht, 
daß die ganze Welt nur in unserem Kopfe existiere, besteht 
also durchaus nicht zu Recht. Aus der Position des dog- 
matischen Idealismus folgt keineswegs die Negation der Welt 
im Raume: vielmehr bleibt der dogmatische Idealismus — und 
jede Theorie, die von rein psychologischen Grundlagen aus- 
geht — hinsichtlich der räumlichen Bestimmungen der Wahr- 
nehmungen. vollständig auf dem Standpunkte des natürlichen 
Weitbildes.?) 
b) Die Welt als Traum. 
Ein zweites Mißverständnis, welches vielfach mit dem 
vorigen combiniert erscheint, setzt an Stelle der ursprünglichen 
jdealistischen Position die Behauptung, daß die gesamte 
Weit bloße Vorstellung und somit ein Minderwertiges, 
Schattenhaftes, ein bloßer Traum sei. 
Dieses Mißverständnis ist durch die Vieldeutigkeit des 
Wortes Vorstellung entstanden. Man bezeichnet vielfach 
die Gesamtheit unserer psychischen Tatsachen oder der Er- 
lebnisse unseres Bewußtseins als unsere „Vorstellungen“ oder 
„Ideen“. In diesem Sinne des Wortes ist es natürlich richtig, 
daß die idealistische Ansicht — die von diesem Sprachgebrauch 
i) Eine andere Frage ist die, ob die Vorstellung des drei- 
dimensionalen Raumes selbst eine ursprüngliche oder eine er- 
worbene ist. Wie aber auch die Antwort auf diese Frage ausfallen 
mag: an dem obigen Ergebnis kann sie nichts ändern. Denn vor der 
Entstehung. der Raumvorstellung konnten die Wahrnehmungen auch 
nicht im Gehirn localisiert sein, da von Localisation nur so weit die Rede 
sein kann, als die Raumvorstellung tatsächlich entwickelt und vor- 
handen ist. 
2) Man sieht, daß dem hier besprochenen Mißverständnis noch 
eine dualistische Voraussetzung zu Grunde liegt: ist doch der 
Kopf, in welchem sich die gesamte Welt der Empfindungen befinden 
soll, seinerseits als ein materielles Reales stillschweigend vorausgesetzt. 
Der Widerspruch, der zu Tage tritt, wenn dieses räumliche ‚Reale 
angenommen, jenseits seiner. Greuzen aber kein realer Raum mehr ge- 
dacht werden soll, sei hier nur nebenbei erwähnt. 
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