Die Weit als Traum. 129
ihren Namen erhalten hat — die Welt als „Vorstellung“ auf-
faßt, da sie ja die gesamte Welt der Dinge nur aus unseren
Empfindungen, also eben aus psychischen Daten bestehen läßt.
Neben jener allgemeinsten Bedeutung des Wortes Vorstellung
findet sich jedoch noch eine engere Bedeutung desselben
Wortes; und eben diese ist die dem gewöhnlichen Sprach-
gebrauch entsprechende. Als Vorstellungen in diesem engeren
Sinne des Wortes werden die Vorstellungen des Gedächt-
nisses und der Phantasie bezeichnet. Diese sind es, denen
in der Tat jener Charakter des minder Wirklichen, bloß
Schatten- oder Traumhaften zukommt, im Gegensatze zu den
„wirklichen“ Empfindungen. Der Gegensatz wirklich em-
pfundener und nur vorgestellter Zahnschmerzen mag als triviales
Beispiel am besten den Unterschied erläntern, von welchem
hier die Rede ist.
Indem diese engere Bedeutung des Wortes Vorstellung still-
schweigend an die Stelle jener weiteren gesetzt wurde, konnte
die idealistische „Welt als Vorstellung“ den Charakter des
Traumhaften gewinnen. Man sieht aber, daß ihr dieser Cha-
rakter tatsächlich nicht zugeschrieben werden darf: ‚nicht aus
bloßen Phantasievorstellungen, sondern aus den wirklichen
Eınpfindungen unserer Sinne setzt sich nach der idealistischen
Ansicht die Welt der Dinge zusammen:
c) Die Welt als Hallucination.
Noch durch ein drittes, mit dem eben erwähnten „träu-
merischen Idealismus“ verwandtes Mißverständnis ist gelegent-
lich die idealistische Theorie entstellt worden. Man kann dieses
dritte Mißverständnis angemessen als dasjenige des hallu-
einatorischen Idealismus bezeichnen.
Rein subjectiv bedingte, nicht durch die adäquaten äußeren
physischen „Reize“ erregte Empfindungen heißen Halluecina-
tionen. Normaler Weise hören wir einen Ton mur dann,
wenn die entsprechende Schallwelle un unser Ohr dringt; unter
anomalen Bedingungen aber kann eine Tonempfindung auch
ohne solchen äußeren Anlaß entstehen. Als Bewußtseinserlebnis
einzeln betrachtet unterscheidet sich ein solcher hallu-
einierter“ Ton a@ in nichts von dem „normal erregten“ Ton A,
Cornelius, Einleitung in die Philosophie. 2. Aufl.