140 $ 17. Der rationalistische Idealismus.
consequent durchgeführt wird, notwendiger Weise ıdealistisch,
insofern sie die Erklärung für den Begriff des Daseins in
psychischen Tatbeständen — eben den Denkformen des er-
kennenden Individuums — sucht. Dieser Idealismus aber ist
nicht monistisch, sondern dualistisch, indem er die Sinnen“
welt ausdrücklich der Welt des wahren Seins entgegensetzs.
Insofern er weiter dieses wahre Sein nicht mehr mabßeria-
listisch, sondern psychologisch erklärt, haben wir in dem
rationalistischen Idealismus einen wesentlichen Fortschritt auf
dem Wege vom Dogmatismus zum Empirismus zu erblicken.
Daß er nicht zur endgültigen empiristischen Lösung des Pro-
blems gelangt, liegt an den oben bezeichneten Mängeln der
Untersuchung des begrifflichen Denkens: der Vernachlässi-
gung des sinnlichen Elementes, welches allein den
Begriffen ihren Inhalt gibt, und dem Fehlen der Unter-
scheidung und Analyse jener besonderen Art der Be-
griffsbildung, die unserer Erkenntnis des bleibenden Seins
überall zu Grunde liegt,
Der erstere Mangel hat zur Folge, daß die vermeintlich
gewonnene Welt des wahren Seins nachträglich nicht. mehr
mit den sinnlichen Erscheinungen in Verbindung gesetzt werden
kann, weil sie von vornherein jeder Beziehung auf dieselben
entkleidet ist. Der Gegensatz der sinnenfremden Welt der
begrifflichen Formen und der Welt der sinnlichen Wahr-
nehmungen läßt die Vermittlungsprobleme mit all ihren
Unbegreiflichkeiten von neuem erstehen.
Aus dem zweiten Mangel aber ergibt sich mit Notwendig-
keit ein weiterer Mißstand. Jene begrifflichen Formen, auf
deren. Betrachtung die Theorie sich beschränkt — die Gattungs-
und Artbegriffe — geben zwar tatsächlich cine Erkenntnis von
„Beharrlichem“. Was wir im Begriffe „blauer Farbe“ oder
der „Zahl 2“ denken, behält seine Bedeutung und seine Eigen-
achaften unabhängig davon, ob wir (oder Andere) eben diese
Begriffe gegenwärtig denken oder nicht; blau ist stets ver-
schieden von gelb, die ‘2 ist stets das Doppelte der 1, gleich-
viel ob Jemand an diese Begriffe denkt. Aber dieses „Be-
harrliche“ ist ein ganz anderes, als das beharrliche Dasein
der Dinge, die von unserer. Wahrnehmung unabhängig be-