Full text: Einleitung in die Philosophie

Abwehr der Skepsis. 163 
die Aufmerksamkeit in erster Linie durch die ethischen 
Fragen gelenkt wird. Das zweite Vermittlungsproblem 
wies von diesem Punkte aus den Weg zur sensualistischen 
Skepsis und zum dogmatischen Idealismus, der aber 
wegen seines Widerspruches mit dem natürlichen Weltbilde 
aberinals keine dauernde Beruhigung unseres Klarheitsbedürf- 
nisses schaffen konnte. Der Versuch, die sensualistische Theorie 
durch eine rationalistische zu überwinden, führt zu keinem 
besseren Ergebnis: die vermeintlich gefundene Welt des wahren 
Seins bleibt mit der Erfahrung unvereinbar. Wendet sich aber 
das Denken, um diesen Widersprüchen zu entgehen, zum 
natürlichen Weltbilde zurück, so. findet es dieses nicht 
mehr in seinem ursprünglichen Zustande vor: mit der Erkenntnis 
des Gegensatzes der objectiven Natur und der subjectiven Er- 
lebnisse des Bewußtseins halten auch in das natürliche Denken 
die Vermittlungsprobleme ihren Einzug, deren Lösung auf 
diesem dualistizchen Boden vergeblich versucht wird. 
Das nächste Ergebnis dieser Kette von  Mißerfalgen — 
die nicht nur in der historischen Entwicklung der philo- 
sophischen Systeme, sondern in hundertfältiger Wiederholung 
im individuellen Denken hervortreten — ist Entmutigung und 
Abstumpfung, die schließlich in völliger Skepsis gegenüber 
den philosophischen Fragen endigt. Die skeptische Abwendung 
von der philosophischen Untersuchung erfolgt umso leichter, 
je mehr das Denken gleichzeitig durch anderweitige Ziele in 
Anspruch genommen wird: theologische wie specialwissen- 
schaftliche Interessen haben eine solche Ablenkung während 
ausgedehnter Zeiträume bewirkt. 
Bei einem solchen skeptischen Ergebnisse vermag sich 
indessen das consequente Klarheitsstreben auf die Dauer nicht 
zu beruhigen. 
Zunächst mißlingt der Versuch, die Skepsis selbst all- 
gemein und consequent durchzuführen. Der Zweifel an 
der Möglichkeit sicheren Erkennens läßt sich nicht allgemein 
festhalten, weil dieser Zweifel selbst mit einer positiven 
Erkenntnis gleichbedeutend ist... Die Tatsache, in welcher 
Descartes den Ausgangspunkt sicherer Erkenntnis fand, macht 
ein Verharren auf dem skeptischen Standpunkte wissenschaft- 
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