Full text: Einleitung in die Philosophie

S& 20. Die Aufgabe der erkenntnistheoretischen Philosophie. 
Wir haben im ersten Teile gesehen, wie die der natura- 
Hstischen Weltanschauung anhaftenden inneren Widersprüche 
bereits in der antiken Philosophie zum Verlassen dieser Welt- 
ansicht und zu idealistischen Systembildungen drängten. 
Diese idealistischen Systeme konnten jedoch dem Klar- 
heitsbedürfnisse keine endgültige Befriedigung verschaffen, weil 
sie jeweils nur einen Teil der Factoren beachteten, welche 
beim Aufbau des natürlichen Weltbildes beteiligt sind. 
Sowohl der sensualistische als der rationalistische 
Idealismus machen sich solcher Emmseitigkeit schuldig. Der 
sensualistische Idealismus hatte einseitig nur die Tatsachen 
der sinnlichen Wahrnehmung beachtet und vermochte daher 
die Entstehung allgemeiner Erkenntnisse, insbesondere .den 
Ursprung unserer Überzeugung von. der beharrlichen Existenz 
der Dinge nicht zu erklären. Der rationalistische Idealismus 
hatte ebenso einseitig nur aus dem reinen Denken die Er- 
kenntnis des Seienden herzuleiten gesucht und die sinnliche 
Erkenntnis vernachlässigt: er vermochte daher über die Be- 
ziehungen der vermeintlich gefundenen Welt des wahren 
Seins zu den sinnlichen Erscheinungen keine Rechenschaft zu 
geben. 
Tatsächlich baut sich jedoch unser Weltbild weder aus- 
schließlich aus den Wahrnehmungen der Sinne, noch auch 
ausschließlich aus den reinen begrifflichen Formen unseres 
Denkens auf. Unser gesamter Erkenntnisbesitz entsteht viel- 
mehr aus dem Zusammenwirken beider Factoren — durch die 
Verarbeitung der Daten unserer Wahrnehmung mittels der 
Formen unseres begrifflichen Denkens. Um zu einer be- 
friedigenden Theorie unseres gesamten Erkennitnis-
	        
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