15 $ 21. Die Elemente der Erfahrung.
über die gemeinsamen Kigenschaften aller Dreiecke zu orlen-
tieren vermögen, nur dann wirklich eine allgemeine Vorstellung
sein, d. h; alle übrigen Dreiecke vertreten zu können, wenn
ibr gleichzeitig die Eigenschaften aller dieser Dreiecke zu-
kommen — wenn also alle möglichen Proportionen von Seiten
und Winkeln gleichzeitig an ihr zu finden wären. Daß eine
solche Vorstellung ein Unding ist, leuchtet ohne Weiteres ein;
nicht ebenso leicht aber ist zu erkennen, wie ohlme dieselbe
die Vertretung einer ganzen Classe von Vorstellungen mit ver-
schiedenen Eigenschaften durch einen einzigen Repräsentanten
zu Stande kommen soll.
Die Lösung dieser Schwierigkeiten kann erst an einer
späteren Stelle gezeigt werden, wo uns die Entstehung der
abstracten Vorstellungen beschäftigen wird. Solange diese
genetische Untersuchung tatsächlich nicht durchgeführt wurde,
konnte auch über die Beschaffenheit der abstracten Vorstellungen
keine Klarheit gewonnen werden. An diesem Mangel krankt
die Entwicklung der erkenntnistheoretischen Philosophie die
längste Zeit hindurch; ja er ist es, der in der ersten Phase
dieser Entwicklung zum völligen Scheitern der erkenntnis-
theoretischen Untersuchung geführt hat. In der Tat kann
ohne eine eingehende Untersuchung der Abstractionsvorgänge
und der Bildung allgemeiner Vorstellungen kein Einblick
in die Entstehung allgemeingültiger Urteile gewonnen
werden. Es ist aber klar, daß die erkenntnistheoretische
Untersuchung notwendig in Skepsis endigen muß, wenn sie
dieses letztere Problem nicht einer positiven Lösung zuzu-
führen vermag.
6) Gefühle der Lust und Unlust, des Strebens und
Widerstrebens.
Gleichfalls Jedem unmittelbar bekannt und dem naiven Be-
wußtsein von vornherein geläufiger als alle bisher betrachteten
Ulassen von Erlebnissen sind diejenigen Tatsachen unseres
psychischen Lebens, welche man mit dem Namen der Gefühle
von Lust und Unlust, des Angenehmen und des Unan-
genehmen bezeichnet. Beispiele zur Erläuterung dieser Gegen-
sätze sind überflüssig; dagegen ist eine kurze Orientierung
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