Full text: Einleitung in die Philosophie

Einwände. 1 
Lehre — wird aufgehoben, sobald wir den Doppelsinn be- 
achten, der in dem Worte „Vorstellung“ liegt. Unter der Vor- 
stellung eines viereckigen Kreises kann zunächst die Vorstellung 
eben dieser Worte gemeint sein, die zwar jedes für sich ihre 
bestimmte Bedeutung besitzen, ohne daß doch die Bedeutung 
ihrer hier gegebenen Zusammenstellung realisiert werden kann. 
Oder aber’es kann unter der genannten Vorstellung eben diese 
unrealisierbare Bedeutung jener Zusammenstellung von Worten 
verstanden werden. Man sieht sofort, daß die "Theorie nur 
dann mit den Tatsachen verträglich bleibt, wenn wir unter 
der für das Urteil vorausgesetzten Vorstellung des viereckigen 
Kreises die erstere „Vorstellung“ verstehen, da wir die zweite 
tatsächlich nicht bilden, also duch nicht dem Urteil zu Grunde 
legen können. Die Vorstellung aber, auf die sich das Gefühl 
des Nichtglaubens, die Ablehnung im Urteile bezieht, ist 
nicht diese erste, sondern die zweite: nicht auf die Worte, 
sondern auf deren Bedeutung richtet sich unsere Verneinung. 
Das Beispiel zeigt, daß die Humesche Theorie einen tatsäch- 
lichen Unterschied vernachlässigt, indem sie das Gefühl des 
Glaubens auf eine gegenwärtige Vorstellung als solche, statt 
auf die Bedeutung dieser Vorstellung bezieht. Daß Hume an 
diese Bedeutung gedacht hat, wo er von dem Glauben an 
die Existenz des Urteilssubjectes redet, ist wohl nicht zu be- 
zweifeln; daß er aber tatsächlich den Unterschied zwischen 
der dem Urteilenden jeweils gegebenen Vorstellung und der 
Bedeutung dieser Vorstellung nicht hinreichend beachtet und 
nirgends ausdrücklich hervorhebt, ist der Grundfehler, der 
seiner Theorie anhaftet und sie zu irrtümlichen Folgerungen 
führt. 
Der Fehler zeigt sich sogleich auch ın den Fällen, in 
welchen es sich um die Behauptung der Existenz einer gegen- 
wärtigen Vorstellung als solcher handelt. Wenn ich einen 
goldenen Berg vorstelle und das Urteil fälle, daß er nicht 
existiert, so kann ich doch zugleich sehr wohl bejahen, daß 
meine Vorstellung des goldenen Berges existiert. Welcher 
Unterschied aber zwischen der Materie in jenem negativen und 
diesem positiven Urteil besteht, auf Grund dessen beide Urteile 
mit einander verträglich erscheinen, darüber gibt die Theorie 
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