Full text: Einleitung in die Philosophie

Humes Causaltheorie, 3 
gemeines Wissen von der materiellen Welt und von unserem 
Ich zu besitzen meinen, so unterliegen wir einer Täuschung. 
Es ist uns tatsächlich nichts gegeben, als der ewig wechselnde 
Strom unserer Bewußtseinsinhalte oder Perceptionen; jenseits der 
Wellen dieses Stromes erstreckt sich unsere Erkenntnis nicht. 
Die Grundlage der Humeschen Untersuchungen bildet der 
(der atomistischen Psychologie eigentümliche) Satz, daß jede 
einfache Idee von einer entsprechenden Impression 
hergeleitet sein müsse. Indem bei der Anwendung dieses 
Satzes der Unterschied zwischen Vorstellung und Begriff ver 
nachlässigt und vor allem die Möglichkeit solcher Begriffe 
nicht hinreichend beachtet wird, die sich auf die Beziehungen 
zwischen verschiedenen Erlebnissen gründen, führt der Satz 
sogleich zu einem negativen Ergebnisse hinsichtlich der natu- 
ralistischen Begriffe. Da keine Impressionen namhaft gemacht 
werden können, von welchen sich die Vorstellungen der 
Causalität, der objectiven Existenz und der Substanz ableiteten, 
so können diese Begriffe nicht als berechtigt gelten. 
In erster Linie wird dieses Argument gegen unsere Vor- 
stellung der notwendigen Verknüpfung von Ursache 
und Wirkung geltend gerıacht. Nirgends findet sich in 
unserer Erfahrung eine Impression, deren. Abbild diese Vor- 
stellung wäre, durch die wir also wirklich Kunde von solcher 
Verknüpfung gewonnen haben könnten. Woher aber stammt 
alsdann diese Vorstellung, in deren Besitz wir uns doch alle 
zu befinden meinen? Zunächst kann die Vorstellung des Zu- 
sammenhanges von Ursache und Wirkung jedenfalls nicht aus 
der Vernunft, sondern nur aus der Erfahrung unserer 
Sinne stammen, insofern nur diese Erfahrung uns zeigen kann, 
welche Phänomene in einem Zusammenhange jener Art stehen. 
Aber doch kann uns die Erfahrung niemals über die Not- 
wendigkeit solcher Verknüpfung Aufschluß geben: denn auch 
wenn wir in tausend Fällen die Erfahrung eines bestimmten 
solchen Zusammenhanges der Erscheinungen gemacht haben, 
so kann diese Erfahrung uns doch eben nur sagen, daß es 
tausend Mal so gewesen ist, niemals aber, daß es auch not- 
wendig so sein müsse und nicht im tausendundeinten Falle 
anders sein werde. 
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