$ 28. Die Factoren des Zusammenhangs der Erfahrung. 209
nahmefall sofort widerlegt: der Humesche Satz verliert daher
seine Gültigkeit, sobald sich irgendwelche einfache Ideen finden,
welchen keine entsprechenden Impressionen vorhergegangen
sind. . Wenn somit die von Hume bekämpften Vorstellungen
wirklich Ausnahmen von jenem Satze darstellen, so kann aus
dem letzteren nichts gegen dieselben bewiesen werden; viel-
mehr müßte umgekehrt wegen dieser Ausnahmen die allgemeine
Gültigkeit jenes Satzes in Zweifel gezogen werden.
Dieselbe Vernachlässigung, aus der sich die skeptischen
Ergebnisse der Humeschen Untersuchung erklären, trägt zu-
gleich die Schuld daran, daß die. atomistische Psychologie für
die Gesetze selbst, auf welche sie ihre Theorie des Vor-
stellungsverlaufes gründet, keine Erklärung zu geben weiß.
Die Associationsgesetze erscheinen gleichsam: als etwas
remdes, durch eine äußere Macht den Bewußtseinsinhalten
Aufgenötigtes; es ist, als ob wir uns ebensogut auch eine
andere Anordnung unserer Vorstellungen denken. könnten,
welche diesen Gesetzen nicht eutspräche. Die Untersuchung
der Faetoren des Zusammenhangs unserer Erfahrung wird uns
zeigen, daß ein solcher Gedanke tatsächlich einen Widerspruch
in sich schließt: — daß vielmehr die Associations-
gesetze notwendige Folgen der Bedingungen sind,
ohne welche die Einheit unseres Bewußtseins nicht
gedacht werden kann.
$ 23. Die Factoren des Zusammenhangs der Erfahrung.
Wir wenden uns zur Betrachtung derjenigen fundamentalen
Tatsachen unseres psychischen Lebens, durch deren Vernach-
lässigung die Mißerfolge der Associationspsychologie bedingt
waren: zur Betrachtung der Factoren des Zusammenhangs
unserer Bewußtseinsinhalte, durch welche diese Inhalte zur
Einheit unseres psychischen Lebens verknüpft. erscheinen.
Vermöge dieser Factoren geschieht es, daß unser Erkennen
jeweils über den Inhalt des gegebenen Augenblicks hinaus-
greift, daß wir also nicht auf die Erkenntnis der augenblick-
lichen Erlebnisse beschränkt sind: auf eben diese Faetoren
Cornelius, Einleitung in die Philosophie. 2, Aufl,