Full text: Einleitung in die Philosophie

294 823. Die Factoren des Zusammenhangs der Erfahrung. 
bleibenden Inhalten; man sieht, daß schon zum Festhalten 
eben dieses gleichartigen Daseins eines Inhaltes das Wieder- 
erkennen desselben erforderlich ist. Wie. dies Festhalten und 
„Beachten“ eines solchen Inhaltes nur in der Unterscheidung 
desselben von seiner Umgebung und in seinem Wiedererkennen 
besteht, so besteht auch unsere „intellectuelle Aufmerksam- 
keit“ auf irgend einen vergangenen Inhalt in einem ent- 
sprechenden Festhalten der identischen Bedeutung SUCCESSIVET 
Erinnerungserlebnisse. Je nachdem sich an solches Festhalten 
eine mehr oder minder bestimmte Erkennitnis der Ähn- 
lichkeit des betreffenden Inhaltes mit Gruppen anderweitiger 
von früher her bekannter Inhalte (ev. sonstiger Beziehungen 
desselben zu anderen Inhalten) anschließt, pflegt man von 
einem mehr oder minder aufmerksamen Beachten jenes 
Inhaltes zu sprechen. Kin inconsequenter Sprachgebrauch ist 
derjenige, welcher in solchen Fällen von verschiedenen Graden 
des Bewußtseins redet. Nicht das Bewußtsein, sondern die 
durch die Ähnlichkeitserkenntnis bedingte Bestimmtheit der 
betreffenden Inhalte ist es, die uns hier als eine veränderliche, 
nach Graden abgestufte entgegentritt. 
Den in diesem Abschnitt eingeschlagenen Weg der Unter- 
suchung hat zuerst Kant betreten, um die Erkenntnis der 
notwendigen Bedingungen für die Einheit unserer Erfahrung 
zu gewinnen. Kant geht aus von der in Humes Causaltheorie 
zu Tage tretenden Überlegung, daß uns der bloße Induetions- 
schluß aus einzelnen Erfahrungen keine allgemein- 
gültigen und notwendigen Erkenntnisse verschaffen 
könne. Gestützt auf seine mathematischen und naturwissen- 
schaftlichen Kenntnisse bleibt er jedoch im Gegensatze zu 
Humes Skepsis davon überzeugt, daß wir uns tatsächlich im 
Besitz allgemeiner und notwendiger Erkenntnisse befinden. 
Den scheinbaren Widerspruch dieser Tatsache mit jener Über- 
legung sucht er dadurch zu lösen, daß er solche Faetoren 
unseres Erkenntnisbesitzes aufzeigt, die, obwohl nicht aus 
einzelnen Erfahrungen herstammend, doch in das Ganze unserer 
Erfahrung überall eingehen, indem nur durch sie diese unsere 
Erfahrung Ordnung und Zusammenhang gewinnen kann.
	        
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