Kant. Synthetische Urteile a prior. DO
unseres Erkenntnisvermögens‘“ aufgesucht werden, in welche
wir die „Materie“ unserer Erfahrungen einordnen und durch
welche diese letzteren erst den Zusammenhang gewinnen, ver-
möge dessen sie als Tatsachen unserer Erfahrung, d. h. der
Einheit unseres Bewußtseins erscheinen.
Indem Kant die Sinnlichkeit und den Verstand als die
beiden Quellen unterscheidet, aus welchen sich unser ganzer
Erkenntnisbesitz aufbaut, sieht er sich auf Grund der obigen
Überlegung veränlaßt, in diesen beiden Quellen nach aprio-
rischen Formen der bezeichneten Art zu suchen. Die erste Auf-
) gabe ist diejenige der iransscendentalen Ästhetik, die zweite
s die der transscendentalen Analytik. Es ist aber von vorn-
2 herein klar, daß die Untersuchung der Sinnlichkeit hinsicht-
lich der. fraglichen Factoren verfrüht ist, solange nicht die aus
dem Verstande -— der Begriffsbildung und der Urteilstätig-
keit — stammenden Factoren unseres Erkennens vollständig
) bekannt sind. Denn es ist schlechterdings unmöglich zu
unterscheiden, wie weit irgend ein Urteil seine apriorische
Gültigkeit durch die der Sinnlichkeit oder durch die dem Ver-
' stande entstammenden Factoren erhält, solange nicht der
Mechanismus der Begriffs- und Urteilsbildung analy-
siert ist. und eben dadurch die Factoren aufgewiesen sind, die
jedem Urteile auf‘ Grund der Verstandestätigkeit anhaften.
Tatsächlich ist das Ergebnis, zu welchem ‚die transscendentale
Ästhetik gelangt, daß nämlich als apriorische Formen. der
Sinnlichkeit die Zeit und der Raum zu betrachten sind, teils
unvollständig, teils unrichtig. Wir werden einerseits finden,
daß nicht nur über zeitliche und räumliche, sondern auch über
> alle anderen Relationen sinnlicher Inhalte synthetische Urteile
h a priori möglich sind; andererseits aber wird sich zeigen, daß
n speeciell die Urteile über die Verhältnisse im dreidimensionalen
6 Raume überhaupt nicht in das Gebiet der transscendentalen
Rz Ästhetik, sondern in dasjenige der transscendentalen Analytik
N gehören.
Fr In der letzteren sucht Kant zunächst die Formen unseres
Denkens zu bestimmen, welche aller Begriffs- und Urteils-
a bildung zu Grunde liegen und die daher in aller Erfahrung
3 angetroffen werden müssen, weil ohne sie keine Einheit der
.
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