Full text: Einleitung in die Philosophie

232 $ 24. Allgemeinste Gesetze des Bewußtseinsverlauts. 
einer und derselben Succession, indem die Erinnerung des 
Vergangenen allen. früheren Inhalten ihre Stellung in dieser 
Succession anweist und uns nirgends etwa Kunde von mehreren 
solchen Reihen gibt, die von einander in ihrer zeitlichen Be- 
stimmung unabhängig wären. Die Zugehörigkeit zu dem durch 
jene drei Factoren bedingten Zusammenhang ist es, durch 
welche die sämtlichen Inbalte unseres Bewußtseins eben als 
einem Bewußtsein, d. h. als einer Persönlichkeit zugehörig 
charakterisiert sind. 
— Da die Bestimmung unserer Bewußtseinsinhalte auf dem 
Wiedererkennen beruht, so ist jeder Teil nur so weit ein be- 
stimmter für unser Bewußtsein, als wir ihn wiedererkennen, 
und die Erinnerung kann demnach gleichfalls einen vergangenen 
Inhalt nur so weit bestimmt vergegenwärtigen, als derselbe 
seinerzeit wiedererkannt worden ist: die Unbestimmtheit der 
Erinnerung geht mit derjenigen des Wiedererkennens Hand 
in Hand. Da ferner die Inhalte niemals isoliert, sondern stets 
als Teile von (teils gleichzeitigen, teils successiven) Mehr- 
heiten von uns erlebt werden, deren Glieder mit jenen zu- 
gleich beachtet werden, so beziehen sich auch Erinnerung und 
Wiedererkennen nicht bloß auf einzelne Inhalte, sondern 
stets auch auf Complexe von Inhalten. Wie sich verschiedene 
Complexe aus sonst gleichen Inhalten durch die verschiedene 
Anordnung der letzteren unterscheiden — bez. wie wir zu 
diesem Begriffe verschiedener Anordnung der Teile gelangen 
— wird später zu betrachten sein; die Tatsache als solche 
aber darf hier als bekannt vorausgesetzt werden. (Man denke 
etwa an die verschiedene Anordnung „derselben“ Töne zu ver- 
schiedenen Melodien, „derselben“ Farbflächen zu verschiedenen 
Mustern.) Soweit ein solcher Complex als ganzer von seinem 
Hintergrunde unterschieden wird, kann er auch als ganzer 
erinnert werden; doch wird nach dem Vorigen die Er- 
innerung nur so weit bestimmt sein können, als der Complex 
im Ganzen, bez, seine Teile und die Beziehungen dieser Teile 
beachtet wurden. War er nur im Ganzen beachtet, so kennen 
wir darum noch nicht seine Teile — wie etwa Jemand ein 
Gesicht ganz gut kennen kann, ohne über die Anordnung 
und Beschaffenheit der darin nebeneinander gelagerten ver-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.