Full text: Einleitung in die Philosophie

264 828. Das Object als gesetzmäßiger Zusammenhang d. Erscheinungen. 
Zunächst ist leicht zu erkennen ‚ daß in der Tat in dem 
Begriff eines Dinges jederzeit Zusammenhänge von Wahr- 
nehmungen im Sinne der soeben durchgeführten Betrachtungen 
gedacht werden. Nicht ein bloßes Zusammen von Wahr- 
nehmungen, wie der Sensualismus meinte, sondern ein Zu- 
sammenhang von Wahrnehmungen ist im Gegenstande in- 
sofern gegeben, als wir ja die sämtlichen Erscheinungen, die 
der‘ Gegenstand unseren Sinnen darbietet und durch deren 
Gesamtheit er als eben dieser Gegenstand charakterisiert ist, 
niemals gleichzeitig wahrnehmen können, sondern stets nur 
in bestimmter Aufeinanderfolge, entsprechend einem bestimmten 
Wechsel der Bedingungen unseres Anschauens. Indem wir 
etwa ein auf dem Tisch liegendes würfelförmiges Stück Zucker 
von einer Seite her betrachten, zeigt sich uns nur ein sechs- 
eckig oder ev. viereckig begrenztes, in bestimmter Weise 
schattiertes Gesichtsbild von weißer Farbe; indem wir aber 
bestimmte Bewegungen ausführen, reihen sich an dieses Bild 
in gesetzmäßiger Folge weitere Bilder an, und eben dieser ge- 
setzmäßige Zusammenhang!) der unter solchen verschiedenen 
Bedingungen (d. h. „von verschiedenen Seiten her“) zu ge- 
winnenden Bilder ist es, den wir in dem Begriff der con- 
stanten sichtbaren Form des Gegenstandes -— hier 
speciell der Würfelform —- zusammenfassen. Nur indem 
wir den einzelnen Anblick sogleich unter den Begriff dieses 
Zusammenhanges einreihen, können wir das einzelne Bild als 
die Erscheinung eines Würfels beurteilen; und sobald wir 
diese Beurteilung des Gesehenen vollzogen haben, müssen wir 
folgerichtig jene anderweitigen Wahrnehmungen bei Ausführung 
der entsprechenden Bewegungen erwarten. Falls wir uns 
etwa in irgend einer Hinsicht in dieser Erwartung ent- 
täuscht finden sollten, so würden wir solcher Enttäuschung 
sofort dadurch Ausdruck geben, daß wir unser zunächst 
1) Gemäß den Betrachtungen des 8 27 ist durch die Erwartungs- 
zusammenhänge in keiner Weise die Erfüllung der betreffenden Er- 
wartungen gewährleistet. Woher trotzdem die Sicherheit stammt, mit 
welcher wir die empirischen Begriffe im täglichen Leben wie in der 
Wissenschaft fortwährend als Gesetze für die Wahrnehmungen in An- 
wendung bringen, wird später gezeigt werden (8. 8, 30).
	        
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