Full text: Einleitung in die Philosophie

266 828. Das Object als gesetzmäßiger Zusammenhang d, Erscheinungen. 
des rechtwinkligen Dreiecks oder der Schwefelsäure 
durch bloßen Hinweis auf jenes Bewußtseinserlebnis des Naiven 
oder durch ein „Erschauen“ erklären zu wollen, genau so umn- 
wissenschaftlich ist die entsprechende Beantwortung der Frage 
nach der Bedeutung des Dingbegriffs. 
Ebenso unrichtig wäre es, wenn man die Frage — oder 
die. hier eingeschlagene Untersuchungsmethode — mit der Be- 
hauptung abweisen wollte, daß tatsächlich in jeder sinnlichen 
Wahrnehmung von vornherein Dinge erkannt werden, indem 
FKindrücke ohne solche Erkenntnis nicht vorkommen. Wer 
behauptet, daß wir niemals „Farbe“, sondern immer nur „ge- 
färbte Dinge“ sehen, behauptet insofern allerdings Richtiges, 
als wir (eben vermöge der in Rede stehenden Consequenzen 
des Zusammenhangs unserer Erlebnisse) jeden Eindruck nicht 
bloß mit den entsprechenden Wahrnehmungsbegriffen, sondern 
stets auch mit Dıngbegriffen zu prädieieren in der Lage sind. 
Daß wir aber solche Urteile tatsächlich fällen, ist weder eine 
Antwort auf die Frage nach der Bedeutung dieser Urteile, noch 
ein Grund zur Ablehnung dieser Frage. Die Erscheinung von 
dem Dinge begrifflich zu sondern gelingt Jedem, der auf den 
Unterschied hingewiesen wird; ich hoffe durch die Ausführungen 
des $ 8 diesen Hinweis mit hinreichender Deutlichkeit gegeben 
zu haben. Ist aber diese Sonderung vollzogen, so entsteht 
notwendig die Frage, in welchem Sinne und mit welchem 
Rechte wir im Anschluß an die Erscheinung über das Ding 
urteilen, d. h. die — allein unanzweifelbar gegebene — KEr- 
scheinung zum Anlaß nehmen um Aussagen zu machen, die 
weit über den Tatbestand dieser Erscheinung hinausgreifen, 
Die Überlegungen des $ 27 zeigen, wie solche Urteile 
allgemein durch die Factoren des Zusammenhangs der 
Erfahrung und speziell durch unsere vorausgegangenen Er- 
fahrungen bedingt sind: daß also die geforderte Klärung nur 
eben durch den Hinweis auf jenen Zusammenhang und auf diese 
vorausgegangenen Erfahrungen, d. h. genetisch gewonnen 
werden kann. Die heute vielfach beliebte Ablehnung gene- 
tischer Klärung der Begriffsbedeutungen beruht entweder 
auf der irrtümlichen Auslegung genetischer Krklärung als 
causaler Erklärung, oder sie hat ihren Grund in dem
	        
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