Physikalische Gesetze, 275
leitenden Betrachtungen ist ausführlich dargelegt worden, daß
die allgemeinsten durch Beobachtung gefundenen physikalischen
Gesetze nur vereinfachende zusammenfassende Beschreibungen
unserer Erfahrungen darstellen; die Erinnerung an das Beispiel
des Newtonschen Gesetzes wird genügen, um jederzeit den
Sinn solcher Abbreviaturen sowie den Erkl£rungswert von
Neuem ins Gedächtnis zu rufen, den dieselben für unser
Denken bieten. Wie aber jenes Newtonsche Gesetz der Anu-
ziehung der Massen, so ist auch jedes der specielleren Gesetze,
in welchen wir die physikalischen und chemischen KEigen-
schaften der Dinge zum Ausdruck bringen, durch Beobachtungen
gefunden und auf Grund dieser Beobachtungen in allgemeiner
Form ausgesprochen; fragen wir, wieviel wir von jenen Eigen-
schaften tatsächlich wissen, d. h. welches die rein empirische
Bedeutung der darauf bezüglichen Aussagen ist, so muß dem-
nach die Antwort dahin lauten, daß auch sie nur Abbrevia-
turen. für die Zusammenhänge der unter bestimmten Be-
dingungen vorgefundenen und wieder erwarteten Wahrneh-
mungen sind.
_ Wir bezeichnen diese letzteren Wahrnehmungen folge-
richtig nicht mehr als Wahrnehmungen der Dinge, sondern
der Veränderungen, welche an bestimmten Constellationen
von Dingen regelmäßig eintreten. Mit welchem Rechte wir
jene Abbreviaturen als allgemeingültige Gesetze formulieren,
wird weiter unten zu untersuchen sein; soweit aber ihre Gültig-
keit als feststehend betrachtet werden darf, sind sie und ist
die gesamte Theorie der räumlichen und zeitlichen Ordnung
der Welt, die wir durch die naturwissenschaftliche For-
schung gewinnen, nur eine Erweiterung derselben Art von
Begriffsbildung, die schon im naiven Denken zu dem Begriffe
der beharrlichen Gegenstände und ihrer Eigenschaften geführt
hat. Hinsichtlich der Ergebnisse der naturwissenschaftlichen
Forschung hatte, wie wir früher sahen, bereits Berkeley diese
Überzeugung gewonnen, welche unter den hervorragendsten
Vertretern der Naiurwissenschaft heute mehr und mehr an
Boden gewinnt. Es bedurfte nur der Nutzanwendung dieser
Erkenntnis auf den Begriff der Gegenstände unserer alltäg-
lichen Erfahrung, um die Dunkelheiten zu überwinden, welche
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