2-6 & 30. Die Formen der allgemeinen Erkenntnis.
mit dem Nebengedanken, daß es auch einmal anders kommen
könne, sondern mit dem Bewußtsein völliger Gewißheit.
Für die Berechtigung solcher Verallgemeinerung unserer
Erfahrungen aber, wie sie in der Tat für unsere Überzeugung
von dem objeetiven Dasein der gesamten Natur erforderlich ist,
scheint der bisher betrachtete Mechanismus der Entstehung
unserer Begriffe eine Gewähr nicht zu bieten. Denn das Prineip,
aus welchem die Bildung dieser Begriffe folgte, war zwar ein
psychologisches, aber darum kein logisches, d. h. kein
solches, welches die allgemeine Gültigkeit dieser Begriffe und
der darauf‘ gegründeten Urteile sicher stellte; auf diesem
Prineip also kann unser Recht zu jener Überzeugung nicht
beruhen. Ja noch mehr: die Überlegung Humes, daß auch
tausendfältige Erfahrung uns stets nur sagt, wie es in den
bisherigen tausend Fällen gewesen ist, niemals aber, daß es
auch notwendig so sein müsse und in Zukunft nicht anders
sein werde, scheint direct zu erweisen, daß jenes Recht nicht
besteht. In diesem Falle aber blieben nur zwei Möglichkeiten:
entweder beruht jene Überzeugung von der Allgemeingültigkeit
unserer Urteile über die Gesetzmäßigkeit des Naturlaufes auf
einer Täuschung; -— oder aber diese Überzeugung besteht
zu Recht und unsere bisher gewonnene Einsicht in das Wesen
und den Ursprung unserer Krkenntnis von der Welt der
Dinge war unvollständig, d.h. es gibt für unsere Erkenntnis
dieser Welt noch eine andere Quelle, aus welcher unsere
Überzeugung von der Allgemeingültigkeit der Gesetze des
Naturlaufes und damit vom objeetiven Dasein der Dinge sich
herleitet.
Ob wir in der Tat jener Überlegung Humes zustimmen
müssen — und für welehe der beiden dann bleibenden Even-
tualitäten wir uns in diesem Falle zu entscheiden haben —-;
oder ob nicht doch etwa die Allgemeingültigkeit unserer Ur-
teile über die objective Welt bereits aus dem bisher unter-
suchten Mechanismus der Entstehung unserer Begriffe folgt:
diese Frage können wir nicht anders endgültig entscheiden,
als indem wir die Bedingungen untersuchen, von welchen die
Entscheidung über die Wahrheit unserer allgemeinen
Urteile abhängt.
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