Full text: Einleitung in die Philosophie

288 8 30. Die Formen der allgemeinen Krkenntnis. 
mich hinweist, die angezeigten Inhalte, die im Urteile be- 
hauptete Qualität derselben die angezeigte Qualität nennen. 
Um zur Erkenntnis der Wahrheit oder Falschheit des Urteiles 
zu. gelangen, habe ich nur eben jene Bedingungen zu erfüllen, 
unter welchen ich die angezeigten Inhalte wahrnehmen kann: 
je nachdem die alsdann vorgefundene Qualität dieser Inhalte 
mit der im Urteil angezeigten Qualität derselben überein- 
stimmt oder von derselben verschieden ist, wird das Urteil 
bejaht oder verneint. 
Bejahung und Verneinung erscheinen also hier als Urteile 
über das Verhältnis der Bedeutung eines vorgelegten Urteiles 
zu denjenigen Krfahrungen, zu deren Beurteilung ich meiner- 
seits durch das vorgelegte Urteil veranlaßt werde. Diese Kr- 
fahrungen, auf welche sich meine Bejahung oder Verneinung 
des vorgelegten Urteiles stützt, sollen der Erkenntnisgrund 
meiner Kntscheidung heißen. 
b) Ich höre stait des vorigen Urteils Jemanden das Urteil 
aussprechen: „mich friert“. Hier sind zunächst nur Bewußt: 
seinsinhalte der sprechenden Persönlichkeit beurkeilt. 
Ich kann daher das Urteil zwar verstehen, aber da dasselbe 
nichts über Krfahrungen behauptet, die ich zu machen im 
Stande wäre, so kann ich dasselbe nicht ebenso wie das des 
vorigen Beispiels bejahen oder verneinen.. Dagegen kann 
weiterhin ein Urteil über die Wahrheit des gehörten Urteils 
durch meine Kenntnis des Zusammenhangs zwischen dem 
physikalischen Temperaturgrad der Luft und den Temperatur- 
empfindungen normaler menschlicher Individuen oder zwischen 
den Temperaturempfindungen und den Handlungen des em- 
pfindenden Individuums zu Stande kommen: wenn der Sprechende 
zugleich mit den Worten „mich friert“ etwa die Öberkleider 
abwirft und den Schweiß von der Stirne abwischt, #0 werden 
wir seiner Behauptung vorraussichtlich die Zustimmung ver; 
sagen. Nur haben wir alsdann uunsererseits die Bedeutung des 
Urteiles „mich friert“ nicht mehr im Sinne eines bloßen Ur- 
teiles über die Temperaturenmpfindungen, sondern über jene 
weiteren Zusammenhänge aufgefaßt: ob der Betreffende nicht 
etwa wirklich Kälteempfindungen hatte, vermögen wır nicht
	        
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