Full text: Einleitung in die Philosophie

Bejahung und Verneinung von Einzelurteilen. 2x) 
zu entscheiden, weil uns der Erkenntnisgrund für solche Ent- 
scheidung nicht zugänglich ist. 
6) Analog dem ersten Falle sind alle Urteile, die sich auf 
die wahrgenommenen Eigenschaften von Gegenständen 
unserer Umgebung beziehen, Das Urteil „der Himmel ist 
blau“ gibt genau in derselben Weise wie jenes erste Beispiel 
einen Hinweis auf die Qualität von Wahrnehmungen, die unter 
bestimmten Bedingungen vorzufinden sind: nicht etwa von der 
Qualität meiner bloßen Vorstellung des Himmels, sondern 
von der des „wirklich gesehenen“ Himmels, d. h. eben der Ge- 
sichtsempfindungen ist die Rede, die ich bei bestimmter 
Richtung meiner Augen vorfinde. Der Erkenntnisgrund solcher 
Urteile ist also jeweils bei Erfüllung bestimmter Bedingungen 
vorzufinden, wenn anders wir in der Lage sind, diese Be- 
dingungen wirklich zu erfüllen. Inwieweit wir eventuell auf 
Grund allgemeinerer Erkenntnisse der Erfüllung dieser Be- 
dingungen überhoben sind, wird sich aus den folgenden Be- 
trachtungen von selbst ergeben; die Frage, wie wir auf Grund 
einzelner derartiger Erfahrungen zu dem Urteil über blei- 
hende Eigenschaften der Dinge gelangen, wie ein solches im 
obigen Beispiel mit enthalten ist, bleibt zunächst noch offen. 
In derselben Weise gewinnen wir jeweils die Erkenntnis- 
gründe (ür vorgelegte Urteile über physikalische Eigen- 
schaften von Dingen — und von Vorgängen in der Welt der 
Dinge — stets durch Wahrnehmungen, deren Bedingungen 
sich aus der uns bekannten Bedeutung des Urteiles ergeben. 
Wenn behauptet wird, daß ein bestimmter Gegenstand aus 
Silber bestehe, so wird der Erkenntnisgrund für mein zustim- 
mendes oder‘ ablehnendes Verhalten zu dieser Behauptung durch 
die Gesamtheit der Wahrnehmungen gegeben, die mir bei der 
Bestimmung der Dichte dieses Gegenstandes, seiner Löslichkeit 
in Salpetersäure, des Verhaltens dieser Lösung zu Kochsalz- 
lösung u. s w. entgegentreten. Auch ‘hier bleibt zunächst da- 
khingestellt, inwiefern diese Erkenntnisgründe über die augen- 
blickliche Beurteilung hinaus zu der allgemeinen Behauptung 
führen können, daß der Gegenstand dauernd die betreffenden 
Figenschafien besitze. 
Cornelius, Einleitung in die Philosophie. 2. Aufl, 
AG! 
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