Full text: Einleitung in die Philosophie

Metaphysik. 11 
Tatsachen ist geradezu identisch mit solcher Vereinheitlichung, 
Man denke etwa an das Befriedigende der Zusammenfassung 
elektrischer und optischer Erscheinungen durch die elektro- 
magnetische Lichttheorie oder der Vereinheitlichung der 
physikalischen Begriffe durch die Entdeckung des Prineips der 
Erhaltung der Energie. Wir werden der hier angedeuteten 
Tatsache weiter unten als allgemeinstem Gesetze unseres 
Denkens wiederbegegnen. 
Als das erste Ziel, auf. welches sich das philosophische 
Streben naturgemäß richtet, haben wir hiernach die allum- 
fassende Erklärung der Tatsachen zu bezeichnen, welche 
alle besonderen Erklärungen in einer einheitlichen Theorie 
vereinigt: unser Klarheitsbedürfnis verlangt nach einer ein- 
heitlichen Weltanschauung, aus welcher sich die Ge- 
samtheit aller Erscheinungen des Weltganzen be- 
greifen 136%. 
Der Name Metaphysik bezeichnet dieses Ziel und die 
vergeblichen Versuche zur Erreichung desselben. 
Die ersten Versuche dieser Art richten sich einseitig auf 
die Erklärung der Natur, der Erscheinungen des räumlichen 
Weltalls, die sich der Aufmerksamkeit in erster Tiünie dar- 
bieten. Erst in einer zweiten Phase beginnt das Interesse 
sich auch dem Gebiete der geistigen Tatsachen zuzuwenden. 
Der geforderten philosophischen Wissenschaft erwächst mit 
diesem letzteren Schritte die neue Aufgabe, nicht etwa bloß 
diese zweite Gattung von Vorkommnissen gleichfalls zu erklären, 
sondern die Erklärungen beider Gebiete zu einem einheitlichen 
Ganzen zu formen. Nicht um äußere Zusammenfassung, sondern 
um innere Verknüpfung zu einem organischen Ganzen handelt 
es sich: das metaphysische Streben findet seine Befriedigung 
nicht in der Ausdehnung der Kenntnisse, sondern in der 
einheitlichen Erklärung der Tatsachen, in ihrer Ableitung 
aus gemeinschaftlichen Grundlagen, Hand in Hand mit der 
Forderung dieser Verschmelzung der Wissenschaften von 
materiellen und geistigen Vorgängen geht die Forderung einer 
ebensolchen Vereinigung von theoretischer und prak- 
+ischer Wissenschaft. In der Tat sind beide Gegensätze in 
der ersten Entwicklungsphase ganz oder nahezu gleichbedeutend,
	        
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