5 3 & 31. Das Ich.
dessen Mechanismus uns ein früherer Abschnitt bereits gezeigt
hat und den wir als den Zusammenhang unseres Bewußt-
seins bezeichnen. Ihm gehören alle Inhalte an, von welchen
wir unmittelbare Kenntnis besitzen und die wir demgemöß
unserer Persönlichkeit oder unserem Ich zurechnen, im
Gegensatze zu den Inhalten, welche dem Bewußtseinszusammen-
hang einer anderen Persönlichkeit angehören mögen und von
welchen wir jene direete Kenntnis nicht besitzen.
Schon durch die Tatsache dieses Zusammenhanges würde
die Behauptung Humes hinreichend widerlegt sein, welche die
Identität unseres Ich für einen bloßen Schein unserer Zin-
bildung erklärt. So oft wir zu verschiedenen Zeiten von
unserem Ich sprechen, meinen wir damit tatsächlich jedesmal
denselben Zusammenhang, dem unsere jetzigen KErlebnisse
ebensogut angehören, wie ihm unsere vergangenen Erlebnisse
angehörten und unsere zukünftigen Erlebnisse angehören werden.
Nicht ein bloßes „Bündel von Perceptionen“, zondern eben
dieser bestimmte Zusammenhang solcher Perceptionen ist
es, was die unmittelbare Erfahrung uns als den Inhalt unseres
Bowußtseins darbietet: ein Zusammenhang, der in erster Linie
durch das Gefühl charakterisiert ist, welches dem Zusammen-
wirken aller gleichzeitigen Teile des Eindruckes und aller Nech-
wirkungen der vergangenen Erlebnisse eben dieses Zusammen-
hanges entspringt.
Innerhalb dieses Zusammenhanges aber bilden sich vermöge
desselben Mechanismus, der zu dem Begriff der objectiven
Dinge führte, die Begriffe constanter Factoren unserer
Persönlichkeit, auf deren Wirksamkeit wir die Erscheinungen
unseres Vorstellungsverlaufes in derselben Weise zurückführen,
wie wir die Erscheinungen unserer sinnlichen Wahrnehmungen
durch die Wirkung der objectiven Dinge erklären. Hier wie
dort verbinden wir solche Erlebnisse, die wir stets unter be-
stimmten Bedingungen aneinandergereiht finden, durch zu-
sammenfassen.de Begriffsbildungen der zweiten Kategorie, deren
Gegenständen wir gegenüber dem Wechsel jener Erscheinungen
ein constantes Sein zuerkennen. Bereits die einleitenden
Betrachtungen wiesen darauf hin, wie durch golche Begriffe
die scheinbar zusammenhangslosen Daten unseres psychischen
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