12 $ 2. Philosophische Probleme.
weil die theoretische Wissenschaft sich in dieser Phase regel-
mäßig nur auf die das Interesse zunächst fesselnden Natur-
erscheinungen. richtet, während die Tatsachen des geistigen
Lebens in erster Linie unter praktischen Gesichtspunkten Be-
achtung finden.
Das Ziel des metaphysischen Strebens würde sich hiernach
näher bezeichnen lassen als die einheitliche Weltan schauung,
die von allem Gegebenen, von den Erscheinungen der
Natur und denjenigen des geistigen Lebens, von den
Gesetzen der objektiven Welt und von den Wert-
gesetzen der menschlichen Bestrebungen in gleicher
Weise Rechenschaft gäbe,
Neben jenem ersten Mangel des traditionellen Erkenntnis-
besitzes tritt aber alsbald ein zweiter Mangel hervor, der
sich um so empfindlicher fühlbar macht, je mehr er dem con-
sequenten Klarheitsstreben gerade die Ergebnisse der meta-
physischen Speculatıon stets verdächtigen, sie als ungenügend
und fragwürdig erscheinen lassen muß.
Dieser zweite Mangel besteht in der Unklarheit des
Begriffsmaterials, auf welches wir uns zur Frklärung der
Tatsachen angewiesen finden.
Die Begriffe, deren wir uns in den Erklärungen des täg-
lichen Lebens bedienen, sind solche, an deren Anwendung wir
gewöhnt sind und nach deren Berechtigung zu fragen wir uns.
eben deshalb nicht veranlaßt finden. Auch die metaphysischen
Theorien bedienen sich überall dieser gewohnten Begriffe,
ohne zunächst eine solche Frage zu stellen. Erst durch die
Schwierigkeiten, auf welche die Anwendung dieser Begriffe
führt, werden wir auf die Probleme gewiesen, die in ihnen
enthalten sind. Das consequente Klarheitsstreben kann vor
diesen Problemen nicht Halt machen. Ihm können keine Er-
klärungen genügen, die noch irgendwelche Fragen in sich
schließen, die also an irgend einem Punkte selbst noch der Er-
klärung bedürftig erscheinen. Endgültige Klarheit, letzte
Erklärungen, hinter welchen keine Probleme mehr auftauchen,
sind das Ziel, dem das philosophische Denken notwendig zu-
streben muß. Die Erreichung dieses Zieles aber bleibt un-