319 8 31. Das Ich.
daß eine Erinnerung von € im einen und im anderen Falle
vorhanden und in unserem Bewußtsein wirksam sei, daß aber
im zweiten Falle diese Erinnerung nicht von uns be-
merkt wird, während wir dieselbe im ersten Falle ausdrück-
lich unterscheiden.‘) Wir geben mit dieser Behauptung dem
gesetzmäßigen Zusammenhaunge Ausdruck, welcher
zwischen. beiden Erlebnissen besteht: dieser gesetzmäßige Zu-
sammenhang ist es, der uns hier wie im Gebiete der objectiven
Dinge das Recht gibt, verschiedene Erscheinungen als Er-
scheinungen desselben Tatbestandes zu bezeichnen.
Eben diese Tatsache, daß durch das Erlebnis c eine Nach-
wirkung in unserem Gedächtnisse bedingt ist, welche besteht
und unseren Bewußtseinszustand beeinflußt, auch während wir
sie nicht „bemerken“, läßt uns zugleich weitere Folgeerschei-
nungen begreifen. Wir können uns in einem beliebigen fol-
genden Augenblicke des Tones c erinnern, wenn wir „wollen“
oder wenn „durch unwillkürliche Associationen unsere Anf-
merksamkeit auf diese Erinnerung gelenkt“ wird; aber auch
während wir uns desselben nicht erinnern, sind wir dennoch
durch die Nachwirkung dieses Erlebnisses in bestimmter Weise
in unserem Bewußtseinszustande beeinflußt, wie sich z. B. zeigt,
i) Indem wir von „Erinnerungen“ sprechen, die vorhanden sind,
ohne daß wir sie bemerken, erweitern wir den Gebrauch dieses
Wortes, das bis dahin nur zur Bezeichnung bestimmter Bewußtseins-
inhalte angewendet wurde, in derselben Weise, wie. in dem früher be-
trachteten Beispiel der Farbe eines Gegenstandes das Prädicat „grün“
eine neue Bedeutung erhielt: an Stelle des Wahrnehmungsbegriffs
tritt in beiden Fällen der Erfahrungsbegriff, unter dessen Zusammen-
hang eine bestimmte Reihe der mit jenem Wahrnehmungsbegriff bezeich-
neten Erscheinungen befaßt wird. Solche Erweiterung ist dem Sprach-
gebrauche so geläufig, daß der Unterschied beider Bedeutungen vielfach
übersehen wird. In der Tat haben die meisten der sprachlichen Be-
zeichnungen für Bewußtseinsinhalte ursprünglich bereits die Bedeutung
von Erfahrungsbegriffen. Die Sprache paßt sich in ihrer Entwicklung
naturgemäß den Urteilen des vorwissenschaftlichen. Denkens an, die, wie
früher gezeigt, regelmäßig den Eigenschaften des beharrlichen Seins
gelten; zur Bezeichnung der erst später ausdrücklich unterschiedenen
Wahrnehmungsbegriffe stehen daher meist nur eben die Ausdrücke
zur Verfügung, die bereits zur Bezeichnung von KErfahrungsbegriffen
gedient haben.
Pa
ALM