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wir nach dem heutigen Stande der Forschung unser gesamtes
Nervensystem in mehr oder minder complicierten Combinationen
zusammengesetzt denken, wie dies die vorstehende Figur durch
die punktierten Nebenlinien schematiseh zu versinnbildlichen
sucht. Die centripetalen Leitungsbahnen stehen durch cen-
trale Verbindungsbahnen mit verschiedenen centralen
Nervenelementen und mit einer großen Reihe centrifugaler
Leitungen in Verbindung, so daß eine und dieselbe centripetale
Erregung nach den verschiedensten Stellen fortgeleitet werden
und so Bewegungsreactionen mannigfaltigster Art auslösen
kann. - Von der Entwicklung jener Verbindungsbahnen und
der Änderung ihrer Leitungsfähigkeit, (die wir mit dem Er-
nährungszustande als veränderlich anzunehmen haben), hängt
es ab, wie weit jeweils die Erregung nach der einen oder
nach der anderen Seite hin fortgeleitet wird.
Würde num unser Nervensystem ein für allemal einen
bestimmten. Zusammenhang und eine bestimmte Leitungsfähig-
keit der Bahnen aufweisen, so müßte unsere Reaction auf die
gleiche Combination von Reizen stets unverändert die-
selbe bleiben: auf die Einwirkung des bestimmten Reizes R
müßte unabänderlich die bestimmte Erregung der betreffenden
centripetalen Leitung und die völlig bestimmte Verteilung
dieser Erregung an die entsprechenden centrifugalen Leitungen
erfolgen und dadurch jedesmal dieselbe völlig bestimmte Be-
wegung ausgelöst werden.
Tatsächlich findet ein solches Gleichbleiben nicht statt:
wir lernen wenigstens einen Teil unserer Bewegungen unseren
Zwecken anzupassen, die Reactionen auszuschalten, welche zu
unerfreulichen Folgen führen und nur diejenigen Bewegungen
auszuführen, deren Erfolg uns als ein erwünschter vorschwebt.
Welche Entwicklung liegt dieser Anpassung unserer Bewegungen
an unsere Zwecke zu Grunde?
Wir wollen zur Beantwortung dieser Frage im Anschluß
diese Bahnen vielmehr in höchst complicierter Weise zusammengesetzt
sind. Da der Aufbau derselben aber für die hier behandelte Frage
nicht in Betracht kommt, so können wir uns mit der im Texte gegebenen
summarischen Beschreibung begnügen,