Full text: Einleitung in die Philosophie

) 8 31. Das Ich. 
geführt haben: die willkürliche Bewegung erscheint auf 
Grund der durchgeführten Betrachtung nicht mehr als ein un- 
erklärlicher Eingriff psychischer Vorgänge ın den Causal- 
zusammenhang der Natur, sondern nur als ein besonderer Fall 
dieses Zusammenhangs — als das Ergebnis einer physiologischen 
Entwicklung, die mit einer bestimmten psychischen Entwick- 
lung Hand in Hand geht. 
Das gewonnene Ergebnis zeigt uns zugleich die Unhalt- 
barkeit der rein intellectualistischen ethischen Theo- 
rien. So selbstverständlich die Behauptung klingt, daß die 
Tugend mit der richtigen Erkenntnis zusammenfallen müsse, 
weil Niemand, der diese Erkenntnis besitzt, anders als in ihrem 
Sinne handeln werde, so bleibt doch eben dieses Handeln im 
Sinne der richtigen Erkenntnis noch von einem anderen Factor, 
von der Beschaffenheit unseres Nervensystems abhängig: 
unser Handeln ist nicht durch die bloße Erkenntnis des Er- 
strebenswerten bestimmt, sondern kann erst durch Übung im 
Sınne dieser Erkenntnis entwickelt werden. 
Auf die Anwendung des obigen Ergebnisses zur Erklärung 
der complicierteren Phänomene der Willenshandlung, sowie auf 
die weiteren ethischen und speciell pädagogischen Consequenzen 
desselben kann hier nicht eingegangen werden. 
Physiologische Bedingungen des Vorstellungsverlaufs. 
Die centralen Verbindungsbahnen, deren Bedeutung für 
die Entwicklung unserer zweckmäßigen Bewegungen soeben 
festgestellt wurde, sind vielfach als die physiologischen Be- 
dingungen für den Ablauf jener Associationen aufgefaßt 
worden, welche oben als die psychische Voraussetzung der 
willkürlichen Bewegung erschienen. Die "Tatsachen, deren 
Analyse wir soeben durchgeführt haben, geben uns zu einer 
solchen Deutung der fraglichen Bahnen als „Associationsbahnen“ 
keinerlei Recht: nur als Vermittler von Empfindungen auf der 
einen, von Bewegungen auf der anderen Seite haben wir die 
Nervenleitungen aufzufassen, um den empirisch gegebenen Tat- 
sachen gerecht zu werden, während sich für den Vorstellungs- 
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