Full text: Einleitung in die Philosophie

330 $ 31. Das Ich. 
Persönlichkeit und ihres Verhältnisses zu ihrem körperlichen 
Begleiter führt, im Wesentlichen den Vorstellungen des natür- 
lichen Weltbildes, so «bleibt ein anderer Bestandteil dieses 
Weltbildes von der wissenschaftlichen Analyse völlig unberührt: 
ich meine die Vorstellung, welche wir uns von dem psychi- 
schen Leben unserer Mitmenschen und der übrigen be- 
lebten Wesen bilden. 
Das KErfahrungsmaterial, auf welches sich diese Vorstellung 
gründet, sind die Bewegungen (einschließlich der sprachlichen 
Äußerungen), welche wir als Zeichen entsprechender psychischer 
Vorgänge deuten. In erster Linie geben uns zu solcher Deutung 
jene Bewegungen anderer Individuen Anlaß, die wir — in 
Analogie mit unseren eigenen Bewegungen unter entsprechenden 
Umständen — als zweckmäßige Bewegungen auffassen. Mit 
diesem Begriffe des Zweckmäßigen haben wir in der Tat be- 
reits ein psychisches Element vorausgesetzt, da Zweckmäßig- 
keit wie jeder andere Wertbegriff sich nur auf Grund von 
Gefühlserlebnissen definieren läßt, während für den unbeseelten 
Organismus Erhaltung wie Zerstörung völlig gleichgültig 
bleiben. Die Wissenschaft kann dieser vorwissenschaftlichen 
Deutung der Bewegungen anderer Individuen höchstens den 
Hinweis auf die zweckmäßige Entwicklung der Bewe- 
gungen hinzufügen, die wir oben näher kennen gelernt haben und 
die aus dem eben bezeichneten Grunde abermals als ein Hin- 
weis auf psychisches Leben zu deuten ist. Allein auch diese 
Deutung kann erst dann stattfinden, wenn wir den Begriff der 
Zweckmäßigkeit bereits in jene Bewegungen hineingetragen 
haben. Einen positiven oder negativen Entscheid über das 
Dasein eines fremden psychischen Lebens aber kann uns die 
Wissenschaft so wenig gewähren, wie über die Frage unseres 
Fortlebens nach dem Tode, weil uns der einzige Erkenntnis- 
grund für solchen Entscheid — die directe Wahrnehmung 
fremder  Bewußtseinsinhalte_— ein für allemal verschlossen 
bleibt.*) 
i) Auch durch die jüngst von Pearson beschriebene Anordnung 
würde, selbst wenn sie jemals durchzuführen wäre, in dieser Richtung 
nichts geändert. P. meint, wir könnten uns eine Verbindung zwischen 
den Leitungsbahnen unseres eigenen und eines fremden Gehirnes her-
	        
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