Full text: Einleitung in die Philosophie

Sn $ 32. Das empiristische Weltbild. 
Erfahrung ist uns nichts gegeben, was diesen Ideen entspräche: 
der wissenschaftlichen Erkenntnis sind sie fremd, — nur ım 
Glauben und in der Dichtung haben sie ihre Stelle, die ihnen 
aber folgerichtig auch durch keine wissenschaftliche Überlegung 
bestritten werden kann. Unser Wissen bleibt mit seinen 
Entscheidungen auf das Gebiet der Erfahrungsmöglichkeiten 
beschränkt; jenseits dieser Fragen kann die Wissenschaft nichts 
geben — aber auch nichts versagen. 
Aber können wir, dürfen wir uns bei diesem Ergebnisse 
beruhigen? Kann die Beschränkung unseres Wissens auf das 
Gebiet möglicher Erfahrung jemals unserem praktischen Be- 
dürfnisse genügen? Verliert nicht die Wissenschaft, ja verliert. 
nicht unser ganzes Leben seinen Wert, wenn gerade jene Fragen 
als unlösbar abgewiesen werden sollen, die über die Grenzen 
menschlicher Erfahrung hinausgehen — die Fragen, welche 
unser zukünftiges Sein oder Nichtsein, welche die letzten Ziele 
alles Daseins betreffen? Mit der kühlen Beruhigung über die 
Grenzen unseres Wissens Jäßt sich das Sehnen nicht stillen, das 
uns gewaltsam über jene Grenzen hinauszudrängen scheint und 
dem wir nimmermehr entsagen können — das Sehnen nach Klar- 
heit über die Ziele» unseres Wollens und Handelns ‚ über den 
Wert unseres Strebens und über die Erfüllung unserer Hoffnungen. 
Durch die Forderung einer Antwort auf diese praktischen 
Fragen finden wir uns auf das Wertproblem zurückgewiesen, 
weiches uns bereits die einleitenden Betrachtungen als notwendige 
Consequenz des wissenschaftlichen Klarheitsstrebens erkennen 
ließen. Auf welchem Wege unserem praktischen Bedürfnisse 
Befriedigung werden kann: ob die wissenschaftliche Erkenntnis 
unserem Leben den höchsten Wert zu zeigen und zu erringen 
vermag, oder ob nicht eben dieses an unser wissenschaftliches 
Erkennen gestellte Verlangen ein unbilliges ist — ob nicht in 
einer anderen Seite unseres Daseins der Quell der Befriedigung 
zu suchen ist, die wir von der wissenschaftlichen Erkenntnis 
vergebens erhoffen — darüber kann nur die Untersuchung 
des Wertbegriffes uns endgültige Klarheit verschaffen 
Dieser Untersuchung wollen wir uns daher in dem folgen- 
den, letzten Abschnitte unserer Betrachtungen zuwenden. 
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