352 $ 33. Der Wertbegriff und die praktischen Normen. 
Auch beim Werturteil kann ferner wie bei anderen Er- 
fahrungsurteilen fremde Mitteilung die Stelle eigener KEr- 
fahrungen in weiten Grenzen vertreten. "Traditionelle Werte 
erhalten ihren Inhalt vielfach ausschließlich auf Grund solcher 
Mitteilung. 
Endlich folgt aus der obigen Überlegung, daß unsere 
Entwicklung uns notwendig dazu führt, die Bedingungen 
für den Eintritt oder für das Dasein solcher Tatsachen, die 
wir als wertvoll beurteilen, gleichfalls wertzuhalten; wenn uns 
auch an und für sich, d. h. abgesehen von ihrer Beziehung auf 
jenen wertvollen "Tatbestand betrachtet, diese bedingenden 
Tatsachen in keiner Weise wertvoll erscheinen würden. (Man 
denke etwa an den Wert einer Arznei.) Auch hier gilt, daß 
keineswegs die ausdrückliche Erinnerung an die Erfahrungen, 
welche das Werturteil begründeten, für das jedesmalige Zustande- 
kommen des letzteren erforderlich ist. 
Persönlichkeitswerte. 
Die bisherigen Betrachtungen bezogen sich zunächst auf 
Beispiele wertvoller Bestandteile unserer äußeren Um- 
gebung. Ks ist aber klar, daß in derselben Weise, wie über 
die räumliche Welt und ihre Bestandteile — einschließlich 
unseres Körpers und seiner Funetionen — auch über die 
Factoren unserer geistigen Persönlichkeit Werturteile 
gefällt werden können und gefällt werden müssen, entsprechend 
den Gefühlswirkungen, die wir durch diese Factoren unmittelbar 
oder mittelbar bedingt finden. Bleibende Erinnerung an Gesehenes 
oder an Gehörtes, eine gewonnene Erkenntnis, eine bestimmte 
Disposition zu Urteilen oder Strebungen kann uns als höchst 
wertvoll oder aber als minderwertig entgegentreten, je nachdem 
wir uns durch den Gedanken an diese Factoren oder durch 
anderweitige Wirkungen, welche dieselben in unserem psychl- 
schen Leben haben mögen, in erfreuliche oder unerfreuliche 
Gefühlszustände versetzt finden. 
Daß es eben diese „Persönlichkeitswerte“ sind, auf die es 
psychischen Tatbestand, der ev, in solcher Formulierung seinen Aus- 
druck findeß — entsprechend dem in den früheren Abschnitten durch- 
geführten Sprachgebrauche.