Full text: Einleitung in die Philosophie

Sociale Werte. 155 
hygienischen Anforderungen entsprechendes Verhalten jedes 
Einzelnen wertvoll für die Gesamtheit. Eine Erkenntnis dieses 
Wertes aber ist heute bekanntlich noch keineswegs Gemeingut. 
' "Wo immer Individuen in der durch einen socialen Wert 
begründeten Beziehung zu einander stehen, wollen wir sagen, 
daß sie eine natürliche Genossenschaft auf Grund dieses 
Wertes bilden, oder daß sie durch diesen Wert zu einer solchen 
Genossenschaft verbunden sind, deren Glieder sie heißen. 
Aus dem eben Gesagten folgt, daß zum Bestehen einer natür- 
lichen Genossenschaft keineswegs die Erkenntnis des be- 
treffenden Wertes seitens der Glieder dieser Genossenschaft 
vorausgesetzt ist. 
Man sieht leicht, daß ein Individuum gleichzeitig den 
verschiedensten Genossenschaften angehören kann, soweit die 
Werte, welche diese Genossenschaften begründen, nicht mit ein- 
ander collidieren. 
Der. gegebenen Definition gemäß ist jede natürliche Ge- 
nossenschaft. eine Norm für die Entscheidungen. jedes der 
durch sie verbundenen Individuen. Der Fortbestand dieser 
Norm und damit der Identität. der Genossenschaft ist dem- 
gemäß von der Anzahl und dem Wechsel ihrer Glieder soweit 
unabhängig, als der Wert, auf welchen die Genossenschaft sich 
gründet, von diesen Factoren seinerseits nicht abhängt. So 
besteht eine Räuberbande so gut wie ein rechtlich geordnetes 
Gemeinwesen trotz des Wechsels ‚der Glieder; während z. B. 
die Ehe mit dem Tode des eines Gliedes aufhört als natür- 
liche Genossenschaft zu bestehen. 
Soweit der eine Genossenschaft begründende Wert von 
den Gliedern derselben anerkannt wird und demgemäß den 
Willen dieser Glieder tatsächlich bestimmt, sprechen wir von 
einem auf diesen socialen Wert gerichteten Willen der Ge- 
nossenschaft. Diejenigen Glieder, deren Wille mit diesem 
Genossenschaftswillen übereinstimmt, bilden eine engere Ge- 
meinschaft, die wir als den Kern der Genossenschaft bezeich- 
nen. wollen. Von dem Bestehen eines solchen Kerns hängt 
demnach der Bestand des Genossenschaftswillens und die 
praktische Bedeutung des begründenden Wertes ab. 
är
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.