Full text: Einleitung in die Philosophie

26 8 4. Der Erkenntnistrieb und seine Befriedigung, 
die Erscheinung tritt, hat sehon unser vorwissenschaftliches 
Denken dadurch verknüpft, daß es entsprechende „Gredächtnis-“ 
und „Willensdispositionen“ auch für die Zwischenzeit als un- 
bewußte Factoren unseres Bewußtseinslebens voraussetzt. 
Welcher Gedankenmechanismus diesen und ähnlichen Be- 
griffsbildungen zu Grunde liegt, wird an einer späteren Stelle 
zur Sprache kommen. Für den Augenblick mögen sie nur als 
Beispiele gelten für das längst vor allem wissenschaftlichen 
Nachdenken wirksame Streben nach Verknüpfung des 
Getrennten, nach Herstellung gedanklicher Zusammenhänge 
zwischen den vereinzelt vorgefundenen Erscheinungen. 
Vermögen wir angesichts der längst gewohnten alltäglichen 
Erscheinungen diesem Streben durch die eben genannten Be- 
griffe zu genügen, die uns bereits in unserem vorwissenschaft- 
lichen Denken zu einem festen Besitz geworden sind, so er- 
wacht das gleiche Streben jedesmal da von neuem, wo ums 
neue, ungewohnte Erscheinungen entgegentreten. 
Das Ungewohnte ist uns jedesmal zugleich ein Befremd- 
liches, Beunruhigendes. Die Beunruhigung aber löst sich, 
wenn es uns gelingt, das Neue als Glied eines bekannten 
Zusammenhanges zu erkennen, mit Bekanntem, Gewohntem 
unter einem einheitlichen Gesichtspunkte zu begreifen. Das 
Ungewohnte, Unerwartete wird uns durch solche Verknüpfung 
zum Bekannten, Vertrauten. Wo es uns gelingt, Zusammen- 
hänge dieser Art aufzufinden, durch die wir das Ungewohnte 
mit Gewohntem zu verknüpfen, in einen uns bekannten Ge- 
dankenkreis einzuordnen vermögen, da fühlen wir uns beruhigt: 
wir empfinden in solchem Falle die Wohltat der Erklärung, 
des Begreifens im Gegensatz zu der Beunruhigung, die 
uns das Zusammenhangslose und eben dadurch Fremde, Un- 
erklärte verursacht. 
Aller Fortschritt unserer Erkenntnis im vorwissenschaft- 
lichen wie im wissenschaftlichen Denken und im Gebiete des 
Realen ebenso wie im Gebiete des Idealen liegt in der Rich- 
tung dieses Strebens. Wo immer unser Denken nicht auf irgend- 
weiche praktischen Zwecke, sondern auf Erkenntnis als solche, 
auf die „Befriedigung des Erkenninistriebes“ gerichtet ist, da
	        
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