Full text: Einleitung in die Philosophie

Wissenschaftliche Erklärung. 9 
lichen Erscheinungen — war durch diese Annahme in einen 
Zusammenhang, unter einen einheitlichen Gesichtspunkt gebracht, 
von dem sich die Eigentümlichkeiten der beobachteten Be- 
wegungen klar überschauen ließen. 
Die gegebene Erklärung war indessen noch der Verbesse- 
rung fähig und bedürftig. Einerseits war sie mit einer Un- 
vollständigkeit behaftet: die Planeten erlaubten sich in ihren 
Bewegungen gewisse Abweichungen von den Vorschriften der 
Theorie und diese Abweichungen forderten. eine neue Erklärung. 
Andererseits aber besaßen die angenommenen „epicyklischen“ 
Bahnen eine keineswegs einfäche und. leichtfaßliche Gestalt. 
Es blieb ihren ein fremdartiger, weil den gewohnten Begriffen 
von Bewegung nicht entsprechender Charakter. 
Gegenüber diesem ersten Versuch zur Erklärung der Pla- 
netenbewegungen erschien ein zweiter Schritt auf dem gleichen 
Gebiete als ein so ungeheurer Fortschritt, daß man nun erst 
eine wirkliche Erklärung der Erscheinungen gewonnen zu haben 
meinte. Im Lichte von Copernicus’ großartiger Theorie, die 
der Sonue das Centrum des Planetensystems anwies und die 
Erde gleich den übrigen Planeten um diesen Mittelpunkt kreisen 
ließ, erschienen jene ersten Erklärungsversuche als ein unbe- 
holfenes Tasten, ihr Ergebnis als eine seltsame Verirrung. Mit 
einem Schlage lag die gesuchte Erklärung offen vor aller Augen: 
die Bewegungen der Himmelskörper zeigten sich in ungeahnter 
Einfachheit, ihre „scheinbaren“ Bewegungen am Himmelsgewölbe 
ergaben sich als die unmittelbaren Folgen dieser so einfachen 
und leicht zu überblickenden Verhältnisse. 
Es liegt auf der Hand, daß der durch Copernicus’ System 
bedingte Fortschritt einzig in der ungeheuren Vereinfachung 
liegt, die dasselbe in unsere Erkenntnis jener Bewegungen 
gebracht hat; eine Vereinfachung, die jedem sofort einleuchten 
muß, wenn er die copernicanische Betrachtungsweise mit der 
früheren Epieyklentheorie vergleicht. Die Bahnen der Pla- 
neten, denen jetzt auch die Erde als gleichwertig sich anreiht, 
erscheinen von nun an nicht mehr als eine seltsame, aus- 
nahmsweise Klasse krummliniger Gestalten, sondern als Glieder 
einer sehr einfachen und geläufigen Reihe; die Zusammen- 
fassung der beobachteten Erscheinungen am Himmelsgewölbe 
vr
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.