Full text: Einleitung in die Philosophie

Monistisch-materiglistische Phase. 0 
wiederum, weil sich unser Urteil nicht auf die Erscheinung, 
sondern auf den Gegenstand richtet, solange wir nicht speciell 
aus irgendwelcher Veranlassung auf die Kigenschaften der 
Wahrnehmungen als solcher unsere Aufmersamkeit zu richten 
gelernt haben. 
Beziehen sich aber hiernach die Urteile unseres ent- 
wickelten Lebens überall in erster Linie auf die Gegenstände 
der objectiven Welt, so wird sich naturgemäß auch das 
Erklärungsbedürfnis zunächst nicht auf die Welt der Wahr- 
nehmungen als solcher, sondern vielmehr eben auf diese phy- 
sische Welt der Dinge richten. Indem uns die Wahrnehmungen 
überall als Wahrnehmungen von Dingen entgegentreten, 
kleiden sich die Fragen, zu welchen uns die Erscheinungen 
veranlassen, von selbst in die Form von Fragen über die ob- 
jectiven Dinge. Das wisgsenschaftliche Denken richtet sich 
daher in seiner ersten Phase ausschließlich auf die Erklärung 
der objectiven, „physischen“ Welt. Der Gegensatz, der zwischen 
den Dingen und ihren Erscheinungen für unser Bewußtsein 
tatsächlich besteht, bleibt in dieser Phase eben deshalb un- 
bemerkt, weil das naive Denken sämtliche Erscheinungen 
gewohnheitsmäßig sogleich auf die Welt der Objecte bezieht 
und daher überhaupt nicht in die Lage kommt, sie von dieser 
Beurteilung losgelöst zu betrachten. 
Wir bezeichnen die erste Phase der Philosophie, welche 
diesem primitiven Zustande des Denkens entspricht, als die 
monistisch-materialistische Phase. 
‚ Da diese Phase ein beharrliches Sein in der Welt 
der Dinge als selbstverständlich gegeben stillschweigend 
voraussetzt und folgerichtig alle Erklärungen auf diese Voraus- 
setzung gründet und gründen muß, so kann ihre ganze Ent- 
wicklung nur in der Ausbildung derjenigen Begriffe bestehen, 
welche die Zurückführung aller Erscheinungen auf jenes 
bleibende Sein ermöglichen. Das notwendige Endziel dieser 
Entwicklung ist eine rein materialistische Metaphysik, 
weil der Begriff des bleibenden Seins in der Welt der Dinge, 
sobald er hinreichend klar gefaßt wird, sich mit dem Begriff 
der Materie als identisch erweist. 
Cornelius, Einleitung in die Philosophie. 2, Aufl 
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