Full text: Rationalismus bis Zweck, Personen- und Sachregister (3. Band)

| Mauthner: Wörterbuch der Philosophie 
Richtung, — Das Wort richten (von recht abgeleitet, na- Marsc:die 
türlich wie dieses ein Lehnwort und nicht etwa mit lat. rectus hoben hat. 
„urverwandt‘“) hatte ursprünglich, was man so ursprünglich Ergebnisse 
nennt, die Bedeutungen: gerade machen, senkrecht stellen, schlich- den; gerad 
ten (besonders einen Streit); die Bedeutung gerade machen aus Unken 
steckt noch in dem militärischen Kommando richt’ euch; sie steckt Kräfte in 
auch noch in dem Substantiv Richtung (ohne Richtung zu Pferde kann; um 
sitzen), das ganz besonders die Tätigkeit des Richtens bezeichnete Kräfte der 
und als Übersetzung von lat. directio am häufigsten die Einhal- Man 
tung einer der unendlich vielen Richtungen des Raums. Bildlich auch lasse 
wurde das Wort häufig auf die Tendenz des Willens nach einem system bes 
bestimmten Ziele hin angewandt, wie denn richten (der Ge- die Geomel 
schütze) mit zielen fast gleichbedeutend ist. tung BA ı 
Seltsamerweise wurde der Begriff der Richtung durch Jahr- etwas zu } 
hunderte selbst in der Bewegungslehre vernachlässigt; wahr- tung ausma 
scheinlich darum, weil die quantitative Berechnung der Bewegung Bewegung; 
die Physiker und Mathematiker zu sehr in Anspruch nahm, und quantitativ 
weil sie ahnten, daß die Richtung sehr leicht eine Beziehung zum Quantität, 1 
Qualitativen annehmen könne. Erst nachdem Wundt den Rich- wie eine Q 
tungsbegriff für den Raumsinn und für den Zeitsinn zu unter- der Kräfte 
suchen angefangen hatte, nachdem für die Biologie die Frage nach tung schon 
der Richtung oder der Tendenz der Entwicklung brennend ge- Kräfte. 
worden war, nachdem man in äußerster Verlegenheit versucht Halten 
hatte, den refährdeten Zweckbegriff durch das neue Wort Ziel- sich in eine 
strebigkeit (K. E. v. Baer hat es erfunden) zu ersetzen, konnte mäßigen Be 
man an die ganz neue Frage herantreten: wie verhält sich die salitätsbegri 
Richtung der mechanischen Bewegung zu der Richtung der bio- Biologie di 
logischen und dann der soziologischen Entwicklung? Haben wir durch chem 
es da und dort mit dem gleichen Begriffe zu tun oder nicht? Zwecks ode: 
Über diese Frage hat Goldscheid vor wenigen Jahren ais den muß, d: 
der Erste eine sehr anregende und wertvolle Untersuchung ver- begriffe der 
öffentlicht: „Der Richtungsbegriff und seine Bedeutung für die Kausalität ı 
Philosophie‘ (Annalen der Naturphilosophie VI). Interessant ist verbindet; « 
es schon, daß Goldscheid nicht von der Mechanik herkam, sondern der mechan: 
von der Soziologie, wie er denn auch die Frage bereits in seiner Ursachen im 
„Kritik der Willenskraft‘ gestreift und gegen die Theorien von die Entwick 
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