Zu Kapitel 3, S. 84 85 53
spricht den Inhabern der Landeshoheit die volle Souveränität zu und bezeichnet
herkömmliche, dem nicht entsprechende Ausdrucksweisen als lediglich geschichtliches
—. Ueberbleibsel; und de jure statuum Imperii dandae civitatis, spricht dem—
gemäß dem Landesherrn das Recht der Städtegründung zu. Diese letzte Disser—
tation ist auch interessant wegen der langen rechts- und kulturhistorischen Ein—
leitung. Gründliche Untersuchungen über die Geschichte der Hörigkeit in Deutsch—
land und über die Frage, aus welchen Ständen sich die Stadtbürger zuerst
rekrutirten, gehen da zusammen mit einem Vergleich zwischen dem bloß dem
e Mammon und dem Luxus dienenden städtischen und dem auf natürlicher Pro⸗
duktions⸗ und Lebensart beruhenden dörflichen Wesen, einem Vergleiche, welcher
allerdings dem Pietismus entspringen mag, aber schon geradezu an die Physio—
* kraten und an Rousseau erinnert. Im corollarium dazu heißt es u. a.: „Feolices
h rustici, quod medicos ignorant; feliciores, si ignorarent IOtos; felicissimi,
si non opus haberent Theologis“.
Angriffe gegen des Th. kirchenstaatsrechtliche Ausführungen.
Genannt sei die Disp. de jure decidendi controversias theologicas, gehalten
im Januar 1696 von des Th. altem Todfeind Samuel Benedikt Carpzov zu
Leipzig. Uebrigens gehen diese Händel und diese Literatur in's endlose. Aus
derselben Zeit stammt noch des Th. Gutachten zu Gunsten der Hildesheim'schen
Stände in dem berüchtigten Simultaneum-Streit, gedruckt erst 1703 fol. als ,Ante-
vindiciae Statuum Episcopatus Hildesiensis“.
Replik, unter dem Titel: „Das Recht evangelischer Fürsten“
u. .f.bereits 1699 erschien die vierte Auflage. — Diese Schrift bezeichnet
selbst Thomasius und Brenneysen als ihre Autoren, jedoch kann man sie getrost
Th. ganz zurechnen; wie ausschließlich hier Brenneysen als seines Lehrers Mund—
stück dient, geht u. a. auch daraus hervor, daß er später die hier ausgesprochenen
Grundsätze feierlich widerrufen hat, vgl. Friedländer a. a. O S. 308. — Die
98 schon früher diktirten Sätze des Th. abermals mitgetheilt in den
„Gemischten Händeln“, Bd. 2, Handel 1, S. 1 40.
in Verhältniß zu Locke. Die Benutzung der Locke'schen Toleranz-Briefe
t geht namentlich daraus hervor, daß die drei Ausnahmen von der allgemeinen
tdh Toleranz genau diesen entlehnt sind. Nur daß Locke jene allgemeine Toleranz
ihts alh auf alle Religionen, Juden, Türken und Heiden bezieht; während Thomasius
I stets bloß an verschiedene Confessionen und Sekten christlichen Glaubens denkt;
ndürsteni indessen Pufendorf wieder nur an die verschiedenen Schwankungen der protestan—
uhe in d tischen Doktrin, unter Ausschluß selbst der Katholiken, gedacht hatte. — In Bezug
aufllirerss auf Aufgabe und Zweck des Staates sind Locke und Thomasius wesentlich der—
ich ein selben Ansicht, ebenso in Bezug auf die absolute Unvereinbarkeit von Glaube
ig und Zwang; in der prakttischen Schlußfolgerung gehen sie dann freilich wieder
weit auseinander, wie oben im Text hervorgehoben. — Auch in den Schriften betr.
die Ketzerei kommen Anklänge an Locke vor, vgl. den Schluß des ersten Briefes
concerning toleration mit der Besprechung der üblichen Definition der Ketzerei
in den Disp. an haeresis sit crimen.
Dispe an hasresis sit erimen, Diese Digpitanon ist n
* Gesprächsform geschrieben, indem Christianus gegen Orthodoxus siegreich