6 Der Centralverband 1876 — 1901.
sogenannten Septembervertrag einzutreten, sie verlangten jedoch,
daß gleichzeitig auch Verhandlungen mit Oesterreich, unter Zugrunde⸗
legung der aus den Wiener Konferenzen hervorgegangenen Ent—
würfe eines Handelsvertrages und eines Zolleinigungsvertrages
(A und B, eröffnet werden sollten.
Die Versuche, diesen scharfen Gegensatz auszugleichen, gaben
Veranlassung zu Sonderverhandlungen, die in der Zwischenzeit von
Preußen mit Oesterreich und von den Ministern der mit Bayern
verbundenen Mittelstaaten unter sich geführt wurden. Sie zogen
sich mit kurzen Unterbrechungen bis in den Monat Juli hin, ohne
daß, trotz mehrfacher Erklärungen und Gegenerklärungen der beiden
Parteien, ein Ausgleich gefunden wurde.
Die preußische Regierung stärkte inzwischen ihre Stellung durch
ein Votum des gerade versammelten Landtages. Zu diesem Ende
wurde, nach Verabredung von hervorragenden Mitgliedern sämmt—
licher Parteien, in der Sitzung vom 17. Mai 1852 an das Staats—
ministerium die Anfrage gerichtet: „ob es gesonnen sei, die Erhaltung
und die durch den Vertrag mit Hannover angebahnte Erweiterung
des Zollvereins nach Maßgabe der bei seiner Gründung leitend
gewesenen Prinzipien und der darauf gestützten Einrichtungen mit
allen, die wesentlichen Interessen Preußens nicht gefährdenden Mitteln
zu erstreben, dabei aber an dem Grundsatze, daß erst nach der Er—
reichung dieses Zieles der neugebildete Zollverein zu der wichtigen
Ordnung seiner Handels- und Verkehrsverhältnisse mit anderen
Staaten schreiten darf, unwandelbar und selbst in dem Falle fest—
zuhalten, daß deshalb einzelne der verbündeten Regierungen sich
von dem Zollverein lossagen sollten.“
Diese Anfrage wurde weder begründet noch verhandelt, sie
wurde vielmehr unmittelbar von dem Ministerpräsidenten Freiherrn
von Manteuffel unter allseitiger Zustimmung dahin beantwortet,
„daß die Regierung fest entschlossen sei, den Standpunkt zu be⸗
haupten, den sie beim Beginn der bisherigen Vereinsverhandlungen
eingenommen habe.“
Am 20. Juli wurden die Konferenzverhandlungen in Berlin
bis zum 16. August vertagt. Mit der Vertagung verband jedoch
die preußische Regierung die Erklärung, daß sie die Erledigung von
zwei Punkten bei dem Wiederbeginn der Verhandlungen für den
Fortgang der letzteren und für die fernere Betheiligung der einzelnen
Regierungen an denselben für präjudiziell erachte, nämlich die