Full text: Erster Band (1. Band)

Einleitung: Politik und Zoll- u. Handelsgesetzgebung. 57 
definitive Erklärung über die Annahme des September— 
vertrages und die Zustimmung dazu, daß die auf einen 
Zoll- und Handelsvertrag zu beschränkenden Verhand— 
lungen mit der österreichischen Regierung erst nach Ab—⸗ 
schluß des Vertrages über Erneuerung und Erweiterung 
des Zollvereins eröffnet werden sollten. 
Unverkennbar war die preußische Regierung der langen und 
vergeblichen Verhandlungen müde geworden. Andererseits war es aber 
auch zu verstehen, daß diese Erklärung sowohl in Wien wiebei den dissen— 
tirenden Bundesregierungen große Verstimmung erregte. Dieser gab 
die österreichische Regierung durch ein Rundschreiben vom 29. Juli 
an ihre Gesandten bei den verbündeten Regierungen Ausdruck, in 
dem sie erklärte, daß sie nur auf Grundlage der in der Wiener 
Konferenz zustande gekommenen Vertragsentwürfe (4 und B) mit 
dem Zollverein verhandeln würde, von ihren Verbündeten aber er— 
warte, daß sie die Erneuerung und Erweiterung des Zollvereins 
von der Verständigung mit Oesterreich abhängig machen würden. Eine 
andere Behandlung aber werde Oesterreich als ein völliges Fallen— 
lassen seiner Vorschläge betrachten. 
Die verbündeten Regierungen hatten während der Vertagung 
der Berliner Konferenz über die Beantwortung der preußischen 
Forderung vom 20. Juli verhandelt, dabei den von Oesterreich ein— 
genommenen Standpunkt für zu weitgehend erachtet und dieses ver— 
anlaßt, seine Forderungen etwas zu mildern. Sie waren schließlich 
übereingekommen, die preußische Forderung mit der Erklärung zu 
beantworten, daß sie den Septembervertrag mit Hannover nicht als 
ein Hinderniß für die Erneuerung des Zollvereins erachteten, viel— 
mehr bereit wären, ihm unter den bereits früher bezeichneten 
Modifikationen beizutreten, sofern bezüglich der übrigen noch uner— 
ledigten Punkte und insbesondere über die kommerziellen Ver— 
hältnisse zum österreichischen Kaiserstaat das nöthige Einverständniß 
erzielt werde. 
Mit Bezug auf die Verhandlungen mit der österreichischen Re— 
gierung wurden die bisherigen Aeußerungen Preußens zu der 
Frage des Abschlusses eines Handelsvertrages für ungenügend er— 
achtet. Es wurde daher an die preußische Regierung das Ersuchen 
gerichtet, siih darüber auszusprechen, in wie weit sie die Entwürfe 
der Wiener Konferenz, insbesondere den Entwurf eines Zoll- und 
Handelsvertrages, als Grundlage der Verhandlungen mit der öster—
	        
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