Full text: Erster Band (1. Band)

50 Der Centralverband 1876 — 1901. 
handelspolitischer Beziehung in jeder Weise zu erleichtern bereit sein 
würde, wenn dies geschehen könne, ohne die Hauptsache zu gefährden; 
diese aber sei, daß Oesterreich von einer allmählich anzubahnenden 
Zolleinigung von ganz Deutschland nicht ausgeschlossen werde. 
Solchen Andeutungen gegenüber hatte sich Preußen bisher 
ablehnend verhalten. Inzwischen begann man in Berlin wohl zu 
erkennen, daß ohne einige Nachgiebigkeit ein Ausgleich kaum möglich 
sein würde und daß eine Fortdauer der Krisis oder gar eine Auf— 
lösung des Zollvereins für Preußen mit namhaften politischen und 
materiellen Nachtheilen verbunden sein würde. Am 15. November 
erklärte sich Preußen daher durch seinen Gesandten in Wien bereit, 
sofort in Verhandlungen über den Abschluß eines Handelsvertrages 
mit Oesterreich einzutreten. Die Verhandlungen sollten in Berlin 
ohne Zuziehung von Vertretern der übrigen deutschen Regierungen 
stattfinden. Oesterreich ging auf diesen Vorschlag ein, und bereits 
im Dezember begab sich der Minister von Bruck selbst nach Berlin, 
was bezeugt, welchen Werth Oesterreich auf diese Verhandlungen 
und deren thunlichst schnellen Abschluß legte. Er theilte diesen 
Schritt jedoch den in Wien anwesenden Vertretern der verbundenen 
deutschen Staaten mit, denen er sogar von den ihm für die 
Verhandlungen von seiner Regierung gegebenen Instruktionen 
Kenntniß gab. 
Bei den Verhandlungen stellte Preußen dem von Oecsterreich 
vorgelegten Vertragsentwurf A einen anderen Entwurf gegenüber, 
dem Oesterreich jedoch mit gewichtigen Einreden begegnete. Ferner 
weigerte sich Oesterreich, einen Handelsvertrag mit Ausschluß der 
verbundenen deutschen Staaten abzuschließen. Die sonach ziemlich 
aussichtslosen Verhandlungen nahmen jedoch durch den Besuch des 
Kaisers von Oesterreich in Berlin eine günstigere Wendung. Da 
Preußen hartnäckig auf dem Ausschluß der verbundenen Regierungen 
bestand, so gab Oesterreich insoweit nach, daß es die Unterzeichnung 
des Vertrages seinerseits von der Zustimmung jener Regierungen 
unabhängig machte. Inzwischen drängte Oesterreich auf den Fortgang 
der Verhandlungen in Wien. Es erschien den verbundenen Re— 
gierungen zwar bedenklich, den Vertrag O vollständig zum Ab— 
schluß zu bringen, man verständigte sich jedoch darüber, die Ver— 
handlungen über diesen Vertrag so zu beschleunigen, daß Februar 1853 
die Unterzeichnung erfolgen könne, wenn es dann mit Rücksicht 
auf den Stand der Verhandlungen in Berlin noch erforderlich sein
	        
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