Full text: Erster Band (1. Band)

32 Der Centralverband 1876 1901. 
Thätigkeit, diejenigen der sogenannten „Manufaktur-Industrie“, 
traten im gegenseitigen Verkehr Zollermäßigungen von 25 bis 
50 pCt. des allgemeinen Tarifs ein. Es war daher durch diesen 
Zwischenzolltarif in beiden Zollgebieten ein sehr ausgedehntes 
Differential-Zollsystem geschaffen, das nach der Ansicht 
Oesterreichs in weiterer Entwickelung zur vollen Zolleinigung 
führen sollte. Diese war in dem Vertrage nur insofern berührt, als sie 
im Eingange als Endziel der beiden vertragschließenden Regierungen 
erwaͤhnt wurde und indem am Schluß in Art. 25 die Be— 
stimmung beigefügt war, daß im Jahre 1860 Kommissarien 
der beiden Regierungen zusammentreten sollten, um über 
die Zolleinigung der beiden Theile und den ihrem Zoll— 
verbande alsdann angehörenden Staaten, oder, falls 
eine solche Einigung noch nicht zustande gebracht werden 
könnte, über weitergehende als die bis dahin vereinbarten 
Verkehrserleichterungen und über möglichste Annäherung 
und Gleichsltellung der beiderseitigen Zolltarife zu 
unterhandeln. 
Die Dauer des Vertrages war auf 12 Jahre, vom 1. Januar 
1854 bis zum 31. Dezember 1865 festgestellt, und der Beitritt 
einerseits allen denjenigen deutschen Staaten, die vom 1. Januar 
1854 oder später zum Zollverein mit Preußen gehören würden, 
andererseits den mit Oesterreich zollverbundenen italienischen Staaten 
vorbehalten. 
Von größter Wichtigkeit war dieser Handelsvertrag nicht sowohl 
wegen seiner praktischen Bedeutung, als vielmehr wegen der in 
ihm liegenden politischen Tragweite. Er bildete den ersten 
Abschluß in dem großen Kampfe zwischen Oesterreich und Preußen 
um die Vorherrschaft auf handelspolitischem Gebiete, wohl um die 
Vorherrschaft in Deutschland überhaupt; er barg daher in sich den 
Keim zu noch größeren und bedenklicheren Zerwürfnissen als den— 
jenigen, die seinem Abschluß vorangegangen waren. 
Oesterreich hatte erreicht, was zur Zeit möglich war. Eine 
sofortige Zolleinigung hielten wohl selbst die österreichischen Minister 
nicht für angänglich, wohl auch den eigenen Interessen nicht für 
entsprechend. Dagegen hatte es eine im Vergleich zu anderen 
Nationen bevorrechtete Stellung zum Zollverein errungen, die ihm 
die Möglichkeit darbot, nicht allein auf dessen innere Verhältnisse 
einzuwirken, sondern bei kluger Benutzung auch allmählich seinen 
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