Einleitung: Politik und Zoll- u. Handelsgesetzgebung. 63
Eintritt in ihn herbeizuführen. Oesterreich hatte ferner die Mehrzahl der
Zollvereinsregierungen Preußen entfremdet und sie seiner eigenen
Handelspolitik näher gebracht, es konnte daher hoffen, allmählich
die von Preußen angestrebte und bisher thatsächlich ausgeübte
Hegemonie zu beseitigen.
Die verbündeten Regierungen der Darmstädter Vereinigung
waren über die Form, in der sich der Ausgleich vollzogen hatte,
nicht erfreut. Diese hatte das dualistische Prinzip und die Nicht—
beachtung der Mittelstaaten nunmehr auch auf dem handelspolitischen
Gebiete in die Praxis übertragen. Dieses Prinzip drohte ihnen, wenn
es einmal zur allgemeinen Regel werden sollte, ihre eigene Bedeutung
und Einwirkung auf die Zollvereinsangelegenheiten, in denen sie
bisher ihre partikularen Interessen mit souveräner Machtvollkommen—
heit zu verfolgen gewöhnt waren, zu entziehen. Desto mehr befriedigt
waren sie über die Beendigung der Krisis. Die ziemlich nahe
gerückte Möglichkeit der Auflösung des Zollvereins und die mit
dieser in Aussicht gestellten finanziellen und wirthschaftlichen Verluste,
die in diesem Falle unvermeidlichen Zerwürfnisse mit ihren eigenen
Volksvertretungen und Staatsangehörigen erschienen beseitigt oder
doch zum mindesten sehr in die Ferne gerückt.
In der Bevölkerung herrschte große Freude über den Abschluß
des Vertrages, und ganz besonders in den industriellen Kreisen.
Die zollvereinsländische Industrie war im großen und ganzen der⸗
jenigen Oesterreichs überlegen. Während sie durch dessen Prohibitiv⸗
system bisher fast gänzlich vom österreichischen Markte ausgeschlossen
gewesen war, eröffnete sich ihr durch den Vertrag die Aussicht
auf einen erweiterten, lohnenden Absatz.
Nach Abschluß des Februarvertrages lag eine baldige Ver—
ständigung über die Verlängerung des Zollvereins im allseitigen
Interesse. Demgemäß lud Preußen, unter Mittheilung des Februar—
vertrages, die sämmtlichen Zollvereinsregierungen, einschließlich
Hannover und Oldenburg, zu Verhandlungen über die Erneuerung
des Zollvereins auf den 10. März 1853 nach Berlin ein. Durch
den Abschluß des Handelsvertrages mit Oesterreich waren die
schwierigsten Fragen ausgeschieden. Preußen hatte seine haupt—
sächlichsten Forderungen bezüglich der Organisation, die seiner
Zeit auf entschiedenen Widerstand bei den Mittelstaaten gestoßen
waren, fallen gelassen. Von den süddeutschen Regierungen, von