—70 Der Centralverband 1876 1901.
unerreichtes Muster einer gewissenhaften statistischen Vorarbeit zu
einem Handelsvertrag. Dabei hatte sich der Kaiser während der
Verhandlungen mit einem großen Stab von Sachverständigen
umgeben, so daß er mit voller Sicherheit zu Werke gehen konnte.
Den englischen Unterhändlern, zu denen die hervorragendsten Ver—⸗
treter der Freihandelsidee berufen waren, wurde nur eine äußerst
geringe Einwirkung auf den Gang der Verhandlungen gestattet;
sie hatten einfach den Entscheidungen zuzustimmen, die im Kabinet
des Kaisers getroffen wurden.
Die große allgemeine Bedeutung dieses Vertrages recht⸗
fertigt es, wenn hier dessen hauptsächlichste Bestimmungen angeführt
werden.
Durch diesen Vertrag verpflichtete sich zunächst Frankreich
(Art. 1), von einer großen Reihe von Artikeln englischer Produktion
und Fabrikation keine höheren Zölle als von 30 pCt., und vom
1. Ollober 1864 an von 25 pCt. (Art. 16) ad valorem incl. der
Additional⸗Decimes zu erheben. In dieser Bestimmung lag zugleich
die Aufhebung sämmtlicher bisheriger französischer Ausfuhrverbote,
die speziell nicht erwähnt ist. Frankreich verpflichtete sich ferner
(Art. 2), die Eingangszölle von englischen Steinkohlen und Cokes
auf 15 Cent. für 100 kg herabzusetzen.
Dagegen übernahm die englische Regierung die Verpflichtung,
dem Parlamente vorzuschlagen:
1. Aufhebung der bisherigen Eingangszölle von einer großen
Reihe von Artikeln (Art. 5);
2. Ermäßigung der Einfuhrzölle von französischen Weinen
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3. Zulassung von solchen französischen Waaren, welche in
England einer Accise-Abgabe unterlagen, zu einem Zolle, welcher
der Accise-Abgabe gleich war (Art. 7);
4. Gleichstellung von Rum und Ratafia aus französischen
Kolonien mit jenem aus englischen bei der Einfuhr nach England
Beide Theile verpflichteten sich, die Ausfuhr von Steinkohlen
nicht zu verbieten und die Einfuhr derselben nicht mit einer Abgabe
zu belasten.
Der Art. 19 enthielt die gegenseitige Verpflichtung
der Behandlung auf dem Fuße der begünstigtsten Nation