Full text: Erster Band (1. Band)

Einleitung: Politik und Zoll- u. Handelsgesetzgebung. 71 
und bezeichnete daher den Wendepunkt in der Zollpolitik 
der meisten europäischen Staaten.“) Derselbe lautete: 
„Eine jede der beiden hohen kontrahirenden Mächte 
verpflichtet sich, der anderen jede Begünstigung, Bevor— 
rechtigung oder Ermäßigung des Tarifes der Einfuhr von 
den in dem gegenwärtigen Vertrage erwähnten Artikeln 
zu Theil werden zu lassen, welche die besagte Macht irgend 
welcher dritten Macht zugestehen sollte. Sie machen sich 
ferner verbindlich, die eine gegen die andere keinerlei 
Einfuhr- oder Ausfuhrverbot in Kraft zu setzen, das nicht 
zu gleicher Zeit auf alle anderen Nationen seine An— 
wendung findet.“ 
Der Vertrag enthielt außerdem noch mehrere Bestimmungen 
über die Berechnung der Werthzölle und Accise-Abgaben, über die 
Termine für die neuen Tarife, über die Anwendung auf Algier und 
dergl. Er war auf die Dauer von zehn Jahren mit zwölfmonat— 
licher Kündigung nach Ablauf dieses Termins abgeschlossen. 
Eine wesentliche Ergänzung und Vervollständigung erhielt er 
noch im Laufe des Jahres 1860 durch zwei Nachtrags-Konventionen 
vom 12. Oktober und 16. November. Durch diese wurden für 
eine große Menge von Artikeln die französischen Werthzölle in 
spezifische Zölle umgewandelt und das Verfahren hierbei geregelt. 
Auch bei diesem Vertrage hatten, soweit die Ent—⸗ 
schließungen des französischen Kaisers in Betracht kamen, 
wesentlich politische Einflüsse mitgewirkt. Für Napoleon 
war die Verbindung mit England von höchster Bedeutung. Sie 
war bisher ziemlich lau und zweifelhaft gewesen, durch den Handels— 
vertrag wurde sie jedoch für längere Zeit gefestigt, da für England 
selbst dringende Beweggründe geschaffen waren, an ihr festzuhalten; 
durch sie gewann die ganze politische Haltung des Kaisers in 
Europa an Ansehen. Auch seine Stellung im Innern des Landes 
befestigte der Kaiser damit. Denn ein großer, stetig wachsender Theil 
des französischen Volkes, ganz besonders der mit seinen Sympathien 
noch der früheren Dynastie zugeneigte Mittelstand, hatte das überlebte 
System übermäßiger Prohibition und Protektion für die wirth— 
schaftliche Entwicklung des Landes als schädigend erkannt. 
) Die Meistbegünstigungsklausel findet sich jedoch bereits in dem 
Handelsvertrage Preußens mit den Vereinigten Staaten.
	        
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