86 Der Centralverband 1876 — 1901.
mit dem vollständigen Projekte zu einer Art Zolleinigung an die
Zollvereinsregierungen heran.
Die österreichischen Vorschläge bestanden der Hauptsache nach
in Folgendem:
1. Desterreich erbot sich, die sammtlichen Ein⸗
richtungen des Zollvereins, alle seine zur Zeit bestehenden
Tarife, Gesetze und Vorschriften für sein gesammtes Zoll—
gebiet anzunehmen;
2. zwischen dem Zollverein und Oesterreich sollte mit Aus—
nahme der notorisch außerdeutschen Produkte und derjenigen Gegen—
stände, welche einem Staatsmonopole oder einer innern Steuer
unterlägen, vollständige Verkehrsfreiheit hergestellt werden;
3. eine Theilung der Zolleinkünfte sollte nur bezüglich einiger
speziell namhaft gemachter Artikel stattfinden. Es waren dies solche
Gegenstände, in welchen nicht nur ein lebhafter Zwischenverkehr
zwischen beiden großen Zollgebieten, sondern auch eine erhebliche
Einfuhr aus fremden Ländern stattfand, wie Garne, Gewebe,
Papier⸗, Leder⸗, Glas⸗, Thon⸗, Metall- und sogen. kurze Waaren, und
ferner Lumpen hinsichtlich der Ausfuhr. Die Zölle dieser Mannfakte,
deren gesammter Ertrag in keinem der beiden Zollgebiete bisher
ein Drittel der ganzen Jahreseinnahme an Zöllen erreicht hatte,
sollten gemeinschaftlich sein und in der Art getheilt werden, daß
Oesterreich *, der Zollverein aber /, des Gesammtertrages erhielte.
4. die Zoll- und Handelsverhältnisse des Zollvereins in Ver—
bindung mit Oesterreich zu Frankreich und England sollten auf
Grund dieses neuen Verhältnisses geordnet und die diesbezüglichen
Verhandlungen mit den genannten beiden fremden Staaten von
Preußen und Oesterreich gemeinschaftlich geführt werden.
Diese Vorschläge zielten also dahin ab, den Zollverein und
das gesammte Zollgebiet Oesterreichs zu einem gemeinsamen großen
Zoll- und Industriegebiet mit vollkommen gleichen Zöllen, gleicher
Zollorganisation und gleichen Zolleinrichtungen in der Art zu ver⸗
einigen, daß im Innern für alle eigenen Rohprodukte und in—
dustriellen Erzeugnisse vollkommene Verkehrsfreiheit bestehen, von
jedem Theile aber die eigentlichen Finanzzölle, nämlich diejenigen
für Kolonialwaaren sowie für alle fremden Industriegegenstände,
für sich erhoben und nur ein Theil der Industriezölle auf gemein—
schaftliche Rechnung eingezogen und nach einem ganz einfachen Ver—
hältnisse vertheilt werden sollten.