Full text: Erster Band (1. Band)

Der Centralverband 1876 — 1901. 
und Württemberg keine der vertretenen anderen Regierungen zu 
einem ernsten Auftreten geneigt war, es schienen vielmehr die An— 
sichten dieser Regierungen ziemlich deutlich dahin zu gehen, daß die 
Erhaltung des Zollvereins in seiner Gesammtheit in erster Linie 
zu erstreben sei. Diesem Zwecke müsse eventuell alles andere, also 
insbesondere die Erhaltung und Erweiterung des Februarvertrages 
mit Oesterreich, untergeordnet werden. Eine gegenseitige Ver— 
pflichtung bezüglich der auf der Berliner Konferenz einzunehmenden 
Haltung kam daher nicht zu stande. 
Oesterreich hatte sich nach seinen Protesten gegen den Vertrag 
mit Frankreich und nach Ablehnung seiner Vorschläge vom Juli 
1862 seitens Preußens ziemlich im Hintergrunde gehalten; die 
Einladung Preußens zur Erneuerung des Zollvereins gab jedoch 
die Veranlassung zu einem vom Grafen Rechberg an die Vereins⸗ 
regierungen gerichteten ziemlich scharfen Schreiben, in dem alle 
diejenigen Regierungen, die nicht geneigt seien, die auf den Aus— 
schluß Oesterreichs aus Deutschland gerichteten Bestrebungen Preußens 
zu unterstützen, aufgefordert wurden, sich zuvor unter sich bezw. 
mit Oesterreich, über ein gemeinsames Verhalten wie über die 
Forderungen hinsichtlich der Modifikation des Vertrages mit 
Frankreich zu verständigen. Um diese Verständigung zu fördern, 
hatte Oesterreich einen Kommissar mit einer größeren Ausarbeitung 
bezüglich der Gleichstellung des österreichischen und des Zollvereins— 
tarifes zu den Münchener Verhandlungen entsendet, der jedoch das 
für Oesterreich wenig befriedigende Ergebniß nicht hatte ändern können. 
Die preußische Regierung hatte ihrerseits einen neuen, auf 
dem Vertrage mit Frankreich beruhenden Tarifentwurf angefertigt 
und ihn im Oktober den Vereinsregierungen zugestellt. Daraufhin 
wurde am 5. November die Konferenz in Berlin eröffnet. 
Die bayerische Regierung hatte sofort wieder die Berathung 
der österreichischen Vorschläge auf dieser Konferenz beantragt und 
diesen Antrag in einer Weise begründet, die deutlich erkennen ließ, 
wie sehr die ganze Krisis politischer Natur war und dieser 
Umstand allmählich alle anderen Fragen in den Hinter— 
grund gedrängt hatte. 
Die Verhandlung des bayerischen Antrages hatte die preußische 
Regierung sofort für die erste Sitzung anberaumt. Sie verhielt sich 
ihm gegenüber entschieden ablehnend, und zwar aus den 
bereits angeführten Gründen. Die Regierung erklärte, daß 
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