Full text: Erster Band (1. Band)

162 H. A. Bueck. Centralverband Deutscher Industrieller. 
Geschäftsführung fehlte ihm der praktische Blick. Größere Erfolge in 
seiner Stellung zu erzielen vermochte er nicht. Es standen ihm 
dabei wesentlich auch persönliche Interessen, die er verfolgte, und der 
Mangel an Vertrauen in gewissen Kreisen der Industriellen entgegen. 
Reimann, der Vorsitzende oder Präsident des Central— 
verbandes, besaß in Weißbach (Sachsen) Baumwollspinnereien und 
lebte in sehr guten Verhältnissen in Berlin. Er war in seinen 
Kreisen hoch angesehen, in der deutschen Großindustrie aber fast 
garnicht bekannt. Reimann war als Baumwollspinner Schutzzöllner 
und s. Z. wohl auch durch Fränkel in die Bewegung gezogen 
worden. Er war opferwillig und mit großem Eifer bestrebt, die 
Zwecke des Centralverbandes zu fördern. 
Die Beurlaubung des Geschäftsführers Dr. Grothe auf 
3 Monate zum Besuche der Weltausstellung in Philadelphia 
wirkte sehr ungünstig auf den neubegründeten Verband, besonders 
da wegen einer Stellvertretung keine Fürsorge getroffen war. 
Man war bei der Beurlaubung von der sonderbaren Idee 
ausgegangen, die Arbeiten der Geschäftsführung für die Dauer 
der Abwesenheit des Dr. Grothe unter die Mitglieder der 
Direktorialkommission zu vertheilen, was sich in der Praxis 
selbstverständlich als undurchführbar erwies. Infolge dessen zeigte 
das Präsidium durch Rundschreiben vom 15. Juni 1876 den Mit— 
gliedern an, daß Freiherr von Roöll durch einstimmigen Beschluß 
für die Zeit der Abwesenheit des Dr. Grothe zu dessen Stellvertreter 
ernannt worden sei. Da der Stellvertreter nur für 3 Monate 
eingesetzt war, so war von ihm eine große organisatorische Thätigkeit 
kaum zu erwarten. Dennoch leitete er einen ziemlich regen Verkehr 
mit den dem Verbande angehörenden Vereinen ein, konzentrirte 
hauptsächlich aber seine Thätigkeit auf die Ordnung des Bureaus 
und die Anlegung eines ordnungsmäßigen Aktenmaterials. 
Durch den in der Ausschußsitzung zu Leipzig gefaßten Beschluß 
war der Zusammenhang mit der Berliner Börsen- und Handels— 
zeitung abgebrochen worden. Da sich aber die Nothwendigkeit heraus⸗ 
stellte, Beziehungen mit der Presse zu unterhalten, so machte 
Freiherr von Roöll während seiner provisorischen Geschäftsführung 
der Direktorial-Kommission den Vorschlag, eine Correspondenz zur 
Versendung an die Zeitungen mit dem Zwecke zu begründen, die 
Ansichten des Centralverbandes durch sie zu verbreiten. Der Vor— 
schlag wurde von dem Komitee angenommen. Der Vorsitzende
	        
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