Erster Abschnitt: Chronik des Centralverbandes. 183
von Roheisen und auf dem Gebiete der Textilindustrie zwischen den
Webern und Spinnern hinsichtlich der Garnzölle.
Der umsichtigen und eindringlich vermittelnden Thätigkeit des
Präsidiums des Centralverbandes war es aber in allen diesen
Fällen gelungen, die Industriellen zu veranlassen, die eigenen
Sonderinteressen zurückzustellen und dadurch die Erreichung des im
gesammten Interesse liegenden großen Zieles zu erleichtern: der
Einführung des Schutzes der nationalen Arbeit in das System der
deutschen Wirthschafts- und Handelspolitik. In jener Zeit wurde
die bessere Einsicht sehr wesentlich gefördert durch die allgemeine
Noth, in der sich die Industrie befand.
An der Versammlung hatte sich auch der in der Landwirthschaft
als Samenzüchter sehr bekannte Gutsbesitzer Knauer auf Groebers
betheiligt; er bezeichnete sich selbst als Großgrundbesitzer in der Provinz
Sachsen. Knauer glaubte aus dem Programm die Neigung der
Industriellen, mit der Landwirthschaft zusammenzugehen, ersehen zu
haben und gab der Hoffnung Ausdruck, daß die Landwirthschaft
der Industrie entgegenkommen werde. Er nahm an, daß die Ver—
sammlung gewillt sei, dem Antrage des Generalsekretärs Bueck
zu folgen und den autonomen Tarif anzunehmen; in diesem seien
aber keine Zölle für die Landwirthschaft vorgesehen. Ueberall finde
er bei der Bezeichnung der landwirthschaftlichen Artikel die Worte
3 „frei“. Daraus würde hervorgehen, daß wenn die Industriellen
Deutschlands diesen Tarif annähmen, sie in Betreff der landwirth—
schaftlichen Produktion Freihändler wären. Knauer sagte: „In
Betreff der Industrie würden sie Schutzzöllner, Finanzzöllner oder
n irgend welche Zöllner sein, aber in Betreff der Landwirthschaft
n würden sie Freihändler sein, und das kann, glaube ich, ihre Absicht
nicht sein.“
Der Redner machte dann darauf aufmerksam, daß die
Stimmung in den landwirthschaftlichen Kreisen eine ganz andere
geworden sei, und daß jetzt die Noth die Landwirthe ebenso drücke wie
die Industriellen. Er bat die Versammlung, in dem Entgegenkommen
der Landwirthschaft gegenüber die Initiative zu ergreifen und das
von ihm eingebrachte Amendement anzunehmen. Dieses Amendement
— war zu Nr. 2 der Anträge des Referenten gestellt und lautete:
„Mit der Maßgabe, daß der zweite Kongreß der deutschen
Industriellen die Landwirthschaft für berechtigt erklärt, ihre eigenen
Tarife aufzustellen.“