Erster Abschnitt: Chronik des Centralverbandes. 249
16. April 1890 in Friedrichsruh statt. Ueber den Empfang selbst
berichteten die „Berliner Politischen Nachrichten“ in ihrer Nr. 88
vom 17. April 1890 wie folgt:
„Der Fürst beantwortete die Adresse mit einer längeren An—
sprache, worauf der Geh. Finanzrath Herr Jencke namens des
Bergbaulichen Vereins den ganz besonderen Dank und die Ver—
sicherung höchster Verehrung, Treue und Anhänglichkeit seitens der
rheinisch-westfälischen Montanindustrie zum Ausdruck brachte. Die
gleichen Versicherungen gab Herr Kommerzienrath Haßler in Bezug
auf die süddeutsche Industrie. Vor dem um 6 Uhr stattfindenden
Diner, zu welchem die Herren eingeladen waren, wurde ein kurzer
Spaziergang unternommen, und nach dem Mittagessen fand in der
bekannten Weise eine Gruppirung um den Fürsten in ungezwungener
Unterhaltung statt, bis die Herren vom Direktorium mit dem Schnellzuge
9 Uhr 40 Minuten Friedrichsruh verließen. Der Fürst wie die
Frau Fürstin schienen sich des allerbesten Wohlseins zu erfreuen.“
Der Verein für Sozialpolitik, die Vereinigung der deutschen
Kathedersozialisten, hatte auf die Tagesordnung seiner am 26. Sep—
tember 1890 anberaumten Generalversammlung als ersten Punkt:
„Die Mbeitseinstellungen und die Fortentwickelung des Mbeits—
vertrages“ gesetzt. Das Referat sollte Professor Brentano halten.
Der Geschäftsführer Bueck wurde von dem Vorstande des vor—
erwähnten Vereins aufgefordert, das Korreferat zu übernehmen.
Der Centralverband hatte sich in der Zwischenzeit hauptsäch—
lich und sehr eingehend mit den Anträgen und Gesetzentwürfen
beschäftigt, die auf die Abänderung der Gewerbeordnung gerichtet
und geeignet waren, die Stellung des Arbeitgebers ungünstig
zu beeinflussen und dessen Recht, die Arbeitsbedingungen in den
vom Gesetz gezogenen Grenzen selbst nach eigenem Ermessen zu
bestimmen, einzuschränken. In den über diese Frage entstandenen
Kämpfen war der Centralverband stets bestrebt gewesen, die be—
rechtigte Stellung des Arbeitgebers zu stützen und zu erhalten.
Mit Rücksicht auf diese Verhältnisse hielt sich der Geschäftsführer
für verpflichtet, die Ansichten des Centralverbandes und damit die
Stellung der Arbeitgeber auch in der Versammlung der Katheder—
sozialisten zu vertreten, in der die entgegengesetzten Ansichten be—
sonders durch den Referenten Professor Brentano eine extreme
Vertretung fanden. Um sich über gewisse Verhältnisse noch ein—