Full text: Erster Band (1. Band)

Erster Abschnitt: Chronik des Centralverbandes. 257 
nationalen Handel zu schaffen seien. Das Direktorium legte der 
irrthümlichen Auffassung der Regierung doch eine so große 
Bedeutung bei, daß es sich in seiner Sitzung vom 15. April 1891 
entschloß, eine sich bietende Gelegenheit zur Widerlegung zu benutzen. 
Zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Brasilien 
war ein Vertrag geschlossen worden, durch den gewisse Artikel der 
Ausfuhr aus den Vereinigten Staaten beim Eingang in Brasilien 
ganz vom Zoll befreit wurden und für alle übrigen Gegenstände 
desselben Herkommens der Zoll um 2507, der anderen Ländern gegen— 
über geltenden Zölle ermäßigt wurde. Außerdem war bekannt, daß 
maßgebende Kreise in den Vereinigten Staaten bestrebt waren, ähnliche 
Abmachungen mit den anderen südamerikanischen Republiken zu 
treffen. Das Direktorium erblickte in diesen Verträgen eine Gefahr 
für den ganzen Export von Europa und demgemäß auch für die 
Ausfuhr Deutschlands. Eine Petition, welche die soeben dargelegten 
Verhältnisse behandelte, wurde benutzt, um dem Reichskanzler 
offen und eingehend die Gründe darzulegen, die das Direktorium 
bei Abgabe der vielberufenen Erklärung geleitet hatten. Kurze Zeit 
darauf gelang es dem Geschäftsführer Bueck, in einer Unterredung 
mit dem Reichskanzler Grafen von Caprivi, zu der er von 
diesem berufen wurde, alle Zweifel zu zerstreuen und den Reichskanzler 
zu der Ueberzeugung zu führen, daß das Direktorium bei Abgabe 
seiner Erklärung von dem wohlmeinenden und berechtigten Streben 
geleitet gewesen sei, die Stellung der Regierung bei den Vertrags— 
verhandlungen mit Oesterreich-Ungarn zu stärken. Bei diesen 
schriftlichen und mündlichen Darlegungen wurde der Stellung des 
Centralverbandes nichts vergeben. Es wurde ihm das Recht 
gewahrt, unter jeden Umständen seine Meinung auszusprechen, 
gleichviel, ob sie der Regierung entgegenstand oder dazu geeignet 
war, die Ansichten und Maßnahmen der Regierung zu stützen. Es 
wurde aber erreicht, daß in dem ersteren Falle das Verhalten des 
Centralverbandes nicht mehr als ein feindseliges der Regierung 
gegenüber, sondern als der Ausfluß der loyalen Vertretung berech— 
tigter Interessen angesehen wurde. 
Der Centralverband hatte seiner Zeit mit dem Auskunfts— 
bureau, der jetzigen Auskunftei w. Schimmelpfeng, einen Vertrag 
abgeschlossen, durch welchen ihm ein gewisses Aufsichtsrecht zu— 
gestanden war. In diesem Vertrag waren auch die Preise festgestellt 
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